
Die heimische Luftverkehrswirtschaft, die 80.000 Arbeitsplätze und 1,8 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung repräsentiert, fordert von der zukünftigen Regierung die Bereinigung von Standortnachteilen und hat dazu einen Forderungskatalog an die entsprechenden Ministerien sowie an 30 Parlamentsabgeordnete übergeben.
An die Adresse des Finanzministeriums ist die Abschaffung der Flugabgabe, vulgo Ticketsteuer, gerichtet. Denn Österreich ist eines der wenigen Länder Europas, in denen es noch eine Abgabe in dieser Form überhaupt gibt. Eine Ticketsteuer gibt es nur noch in Deutschland, in Großbritannien und Frankreich.
Jäger: „Aus Sicht der heimischen Flughäfen ist die Ticketsteuer eine Belastung für den Luftverkehrsstandort Österreich und schwächt die internationale Konkurrenzfähigkeit. Eine Abschaffung würde außerdem 3.300 zusätzliche Jobs schaffen.“
Für Gerhard Kunesch, Geschäftsführer Flughafen Linz und damit Vertreter eines Regionalairports, ist die Ticketsteuer ein Schuss ins eigene Knie: „Vor allem die Bundesländerflughäfen leiden unter dem Wettbewerbsnachteil. Geahnt haben wir das bereits im letzten Jahr, jetzt wissen wir es. 2012 verzeichneten alle Bundesländerflughäfen sinkende Passagierzahlen. Für 2013 prognostiziert die Mehrheit der Bundesländerflughäfen erneut Passagierrückgänge.“
In der Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Verkehrsflughäfen (AÖV) sind alle heimischen Verkehrsflughäfen vertreten, darunter die Flughäfen Graz, Linz, Innsbruck sowie die Airports Kärnten, Salzburg und Wien.
Ticketsteuer schadet auch dem Tourismus
Christian Lesjak, Managing Director NIKI, weist auf die Folgen der Wettbewerbsnachteile hin: „Die Flugabgabe trifft am Ende den Tourismus und den Standort Österreich. Die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für Österreich – ungleich höher als etwa für Deutschland – wird so untergraben und nicht notwendigen Risiken ausgesetzt. Österreich legt sich selbst als touristisches Zielgebiet einen Wettbewerbsnachteil auf, im Vergleich zu Destinationen wie etwas Italien und Frankreich. Der gesamte Standort leidet.“
Und, so Lesjak zu TRAVELbusiness: „Ich habe das Gefühl, dass wir auf politischer Seite nicht verstanden werden. Unsere Wirtschaftlichkeit leidet unter der Ticketsteuer. Das führt zu weniger Flüge und Verbindungen und schadet dem Standort. Österreich verliert an Attrktivität bei ausländischen Touristen. Die Regierung muss endlich aufhören, diese zentrale Wirtschaft zu sabotieren und Arbeitsplätze zu gefährden.“
Die Flugabgabe wurde nach deutschem Vorbild in Österreich im April 2011 überraschend eingeführt. Passagiere, die aus Österreich abfliegen zahlen derzeit folgende Aufpreise:
• pro geflogener Kurzstrecke: 7 €
• pro geflogener Mittelstrecke: 15 €
• pro geflogener Langstrecke: 35 € (unverändert)
Vereinheitlichung der europäischen Luftsicherung überfällig
Eine weitere Forderung der Luftfahrt betrifft die längst überfällige Umsetzung von Single European Sky, der einheitlichen Luftraumüberwachung in Europa.
Das Single European Sky II Paket der Europäischen Kommission ist seit 2010 EU-Gesetz, dessen Umsetzung ist auch bereits im Regierungsprogramm 2008-2013 festgeschrieben.
Geschehen ist in der vergangene Legislaturperiode der rotschwarzen Regierung nicht viel, wobei der Hebel ein großer wäre: Die Kosten von der EU Kommission damals errechneten jährlichen Kosten in der Höhe von 8 Milliarden Euro könnten durch Single European Sky halbiert werden und der Co2 Ausstoß um 50 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden.
Zum Vergleich: Während in Europa 38 Behörden mit 57.000 Mitarbeitern den Luftraum überprüfen, ist es in den USA eine einzige Behörde mit 35.200 Beschäftigen für einen wesentlich höher frequentierten Luftraum (siehe Grafik).

Bessere Anbindung des Luftverkehrs an das internationale Schienennetz notwendig
Als begrüßenswert bezeichnen die Vertreter der österreichischen Luftverkehrswirtschaft die Anbindung des Flugverkehrs an den Wiener Hauptbahnhof mit dem Jahr 2015.
Während sich im Hinblick darauf im Westen Österreichs bereits einiges getan hat und die Airport-Standorte via Schiene immer besser erreichbar sind, so hinkt beispielsweise die Entwicklung im östlich gelegenen Einzugsgebiet des Standortes Flughafen Wien noch nach.
Eine bessere Erreichbarkeit des Wiener Flughafens via Schiene in der Ostregion würde zu einer massiven Aufwertung des Standortes und besserer Abschöpfung der Catchment Area führen. Auch der Ausbau des sogenannten intermodalen Verkehrs, also der besseren Integration von Straße, Schiene und Luftverkehr, ist Teil der Roadmap2020.
„Die meisten unserer Forderungen stehen bereits im 2008 verabschiedeten Regierungsprogramm, nun erwarten wir von der neuen Regierung die Umsetzung“, so alle Vertreter unisono. Aber die rotschwarze Koalitionsregierung war in der Umsetzung der begründeten Forderungen säumig.
Was aber wird die heimische Luftverkehrswirtschaft tun, wenn ihre Forderungen von der künftigen Regierung nicht erfüllt werden und die staatliche Abzocke der Flugpassagiere fortgesetzt wird?
Austrian-CEO Jaan Albrecht zu TRAVELbusiness: „An eine Verfassungsklage wegen ungleicher Behandlung zu anderen Verkehrsträgern wie Bahn, Bus und Schifffahrt haben wir noch nicht gedacht.“
Faktum ist, dass die Ticketsteuer nur für Fluglinien eingehoben wird, jedoch keine Verkehrsabgabe von Bahn-, Bus- oder Schiffpassagieren. Vielleicht aber wird die neue Regierung das Ticketabzockegesetz auch auf andere Verkehrsträger ausdehnen, um die maroden Staatsfinanzen zu sanieren. In Österreich ist ja alles möglich.
Redaktion: Georg Karp/TRAVELbusiness
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