Die deutsche Lufthansa Group reibt sich am französischen „Inlandsflugverbot“. Seit Mai 2023 gelten in Frankreich Einschränkungen für Inlandsflüge. So will die Regierung Macron die CO2-Reduktion vorantreiben. Doch die Fakten sprechen eine völlig andere Sprache: Die Zahl der wöchentlichen Inlandsflüge in Frankreich ist mit 4.200 Verbindungen fast doppelt so hoch wie in Deutschland. „Wie kann das sein?“, fragt die Lufthansa Group.
Seit grüne Parteien in Regierung mitreden, wird der Ruf nach einem Verbot von Inlandsflügen und speziell für Privatjets unablässig gefordert. Die Diskussionen werden aus klimapolitischen Gründen kontrovers diskutiert.
Werden in Frankreich zwei Städte per Bahn mehrmals täglich in maximal zweieinhalb Stunden Fahrzeit erreicht, sind Flugverbindungen untersagt. Klingt streng, ist es aber nicht.
Denn erstens ist Frankreichs zentraler Drehkreuzflughafen ParisCharles de Gaulle (CDG) von der Regelung nicht betroffen. Die Bahn macht keiner einzigen Flugstrecke zum Flughafen CDG innerhalb von 2,5 Stunden Konkurrenz.
Mit diesem Zeitfenster hat die französische Regierung sichergestellt, dass ihr starkes Drehkreuz und die dort operierende Netzwerkairline nicht geschwächt werden.
Zweitens: Auch abseits des Drehkreuzes ist die Wirkung überschaubar. Im Vorgriff auf den Mai 2023 wurden vor drei Jahren zwar Verbindungen zwischen Paris-Orly und Bordeaux, Nantes und Lyon eingestellt – mehr ist seither aber nicht geschehen.
Die damit erreichte CO2-Reduktion liegt etwa bei 0,2 Prozent der Emissionen des Flugverkehrs in Frankreich. Allerdings nur dann, wenn auf die Reise vollends verzichtet und sie nicht mit dem Auto oder der Bahn unternommen wird.
Drittens: Selbst bei einem verbesserten Bahnangebot werden die Einschränkungen nur wenige Inlandsstrecken betreffen. Würden die französischen Regelungen eins zu eins auf Deutschland übertragen, wären nur vier Strecken betroffen. Der Effekt wäre wie in Frankreich marginal.
„Die französische Regelung ist letztlich Symbolpolitik“ meint die Lufthansa Group in ihrem Politikbrief. Wie es besser geht? Indem Bahn- und Flugverkehr besser verknüpft werden. Das funktioniert in Deutschland auch ohne gesetzliche Vorgabe. Lufthansa und Deutsche Bahn bauen ihre Kooperation stetig aus.
Für jeden Inlands-Zubringerflug von und nach Frankfurt gibt es inzwischen eine alternative Zugverbindung. Flugstrecken mit attraktivem Bahnangebot wurden längst eingestellt, so etwa Hamburg-Berlin, Berlin-Nürnberg und Köln-Frankfurt.
Wichtig ist zudem, dass die meisten innerdeutschen Flüge nur der erste Teil einer internationalen Reise sind. Wer mit Lufthansa beispielsweise von Stuttgart nach Frankfurt fliegt, will in aller Regel am Drehkreuz zu Zielen in Fernost, Afrika oder Amerika umsteigen. Diese Reisenden wollen wir für intermodale Angebote gewinnen.
Gefordert ist aber auch die Politik. Bislang sind nur fünf deutsche Flughäfen an das Fernverkehrsnetz der Bahn angeschlossen: Frankfurt, Düsseldorf, Berlin, Köln-Bonn und LeipzigHalle. Stuttgart soll 2025 folgen. München hat noch immer keinen ICE-Bahnhof. Der Ausbau wichtiger Schnellzugstrecken stockt.
Klar ist: Je mehr Hochgeschwindigkeitsstrecken die Flughäfen mit Städten quer durch Deutschland verbinden, desto weniger Inlandsflüge wird es geben.
Warum schützt Frankreich Paris-Charles de Gaulle?
Drehkreuze sind Voraussetzung, um die internationale Konnektivität zu sichern. Denn Langstreckenflüge werden nicht nur mit Fluggästen aus dem direkten Einzugsgebiet eines Flughafens gefüllt, sondern bündeln Reisende aus einer Vielzahl von in- und ausländischen Städten. Das weiß auch die französische Regierung – und hat die Einschränkungen im innerfranzösischen Luftverkehr so gestaltet, dass Paris-Charles de Gaulle unberührt bleibt.
Österreichs Grüne wollen Inlandsflüge verbieten
Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler hat für das AUA-Rettungspaket zu Beginn der Coronakrise 2020 zur Bedingung gemacht, dass alle Inlandsflüge auf Strecken, die mit der Bahn „deutlich“ unter drei Stunden zurückgelegt werden können, eingestellt werden.
Eine aktuelle Evaluierungsstudie von Höffinger Solutions untersucht, ob die damals erwarteten und in der Luftfahrtstrategie 2040+ des Klimaschutzministeriums formulierten Lenkungseffekte eingetroffen sind und ein „signifikanter“ Anteil der rund 120.000 Passagiere, die 2019 mit dem Flugzeug von Salzburg zum Weiterflug über Wien reisten, auf den Zug nach Wien umgestiegen sind.
Die Antwort fällt eher negativ aus. Der weitaus größte Teil fährt mit dem Auto zum Flughafen München oder fliegt zu anderen Umsteigeflughäfen.
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