Alle reden von Motivation, doch nur wenige wissen, was das wirklich ist. Der renommierte Wirtschaftswissenschaftler und international angesehene Management-Guru Dr. Fredmund Malik empfiehlt dehalb allen Führungskräften, sich mehr mit Viktor Frankls Lehre vom Lebenssinn auseinanderzusetzen. Woher kommt die Kraft, die alle Menschen, Führungskräfte aber im Besonderen, jeden Tag brauchen? Jene Kraft, die dann nötig ist, wenn Spaß und Motivation aufgebraucht sind, alle Methoden wirkungslos geworden und alle Tricks verpufft sind – jedoch die Aufgabe noch immer nicht erfüllt ist?
Die beste Antwort darauf hat Viktor Frankl gegeben. Seine Lehre ist allem, was bisher zu Motivation geforscht und gesagt wurde, weit und souverän überlegen. Aber so gut wie niemand in der Wirtschaft kennt seine Lehre. Auf die Frage, was die wichtigste Aufgabe eines Managers sei, geben 99 Prozent aller Führungskräfte die Antwort: motivieren. Alle reden von Motivation; alle sehen das als ihre wichtigste Aufgabe an – und praktisch keiner kennt das Beste, das es auf diesem Gebiet überhaupt gibt.
Als ich selbst anfangs der 1980er-Jahre Frankls Lehre vom Lebenssinn begegnete, veränderte sich mein Denken über Motivation radikal, das sich zuvor auch in konventionellen Bahnen bewegte, denn nur diese kamen in meinem Universitätsstudium vor. Nicht nur mein Denken, sondern auch mein Leben hat sich verändert. Seither ist Frankls Lehre ein Pflichtteil in meinen Managementseminaren. Arbeitslosigkeit und Existenzangst, sowie der Verlust der Glaubwürdigkeit wirtschaftlicher und politischer Führung sind Grund genug, um die Sinnfrage zu stellen.
Alle wirklichen Kenner von Frankls Lehre haben mir dasselbe berichtet – sie hat ihr Leben verändert, zum Besseren, zu mehr Gelassenheit, zu innerer Ruhe, aber auch zu besserer Orientierung, weil sie plötzlich mit innerer Sicherheit wussten, wohin sie gehörten.
Frankls Lehre ist ebenso einfach wie überzeugend. Im Kern sagt er: Der Mensch ist ein Wesen auf der Suche nach Sinn – nach Sinn und nicht etwa nach Macht, Reichtum oder Bedeutung, was nicht ausschliesst, dass es Menschen gibt, die nach diesen Dingen streben – und häufig am Ende ihres Lebens erkennen müssen, dass sie falsche und leere Dinge angestrebt haben.
Wenn der Mensch Sinn gefunden hat und so lange er Sinn sehen kann, ist er zu höchsten Leistungen und grössten Opfern bereit. Es ist Sinn, woraus jene erwähnte Kraft kommt, die Menschen brauchen, wenn die Motivation aufgebraucht, das Ziel aber noch nicht erreicht ist.
„Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie“, war eine häufige Formulierung, die Frankl in Anlehnung an Nietzsche gebraucht hat. Sinn, so Viktor Frankl, kann aber nicht gegeben und schon gar nicht gemacht werden, sondern er muss gefunden werden. „Sinnmacher“, Sinngeber, Sinnstifter zu sein, was von Führungskräften zwar zeitgeistkonform, aber in Unkenntnis des Werkes von Viktor Frankl gefordert wird, ist das genaue Gegenteil dessen, was er selbst vertreten hat.
Als Manager können wir nur eines tun, nämlich den Menschen Möglichkeiten schaffen, ihren Sinn zu finden. Das aber müssen wir auch tun, damit so viele Menschen wie möglich Sinn in unseren Organisationen und ihrer Arbeit finden können.
Suchen und finden muss ihn jede und jeder selbst, aber die Voraussetzungen dazu sind vom Management, von jedem einzelnen Chef, auf jeder Stufe, in jeder Organisation, für jede Person zu schaffen. Das ist der einzige Weg zu etwas, was dann die Bezeichnung „Motivation“ verdient.
Es ist, wie man erkennen wird, etwas ganz anderes, als was man heute unter Motivation versteht.
Fredmund Malik
BUCHTIPP: Fredmund Malik, Professor für Unternehmensführung, ist Gründer und Chairman von Malik Management und Schöpfer der Malik Management Systeme. Sein Buch Führen Leisten Leben. Wirksames Management für eine Neue Zeit (Campus) ist ein Bestseller und Klassiker. Mehr über Manager, Management und Fortbildung finden Sie auf dem Online-Portal BILDUNGaktuell.