Start Business Shanghai: Chinas Tor zur freien Marktwirtschaft?

Shanghai: Chinas Tor zur freien Marktwirtschaft?

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In der neu eröffneten Freihandelszone Shanghai soll sich die Marktwirtschaft möglichst frei entwickeln und entfalten können. Die Spielregeln für das große Business sind jedoch noch nicht im Detail festgelegt. Der mediale Sturm rund um die Eröffnung der Freihandelszone in Shanghai Ende September war heftig. Von einem „Chinesischen Experiment“ ist mehrheitlich die Rede, das auf einer Fläche von 29 Quadratkilometern im Stadtteil Pudong im Osten von Shanghai lanciert worden sei. Auch die amtliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua spricht von einem „Testgebiet für die Marktreformen der chinesischen Führung“.

Wie die neue Freihandelszone für das internationale Business im Detail funktionieren soll, ist bislang nur bruchstückhaft bekannt geworden. Durchgesickert ist die Information, dass 18 Dienstleistungsbranchen, die in China sonst unter starker Staatskontrolle stehen, innerhalb der Zone geöffnet werden sollen.

Dazu gehören etwa die Agrarwirtschaft, die Logistik-Branche, die Schifffahrt oder der Finanzsektor. Ausländische Firmen sollen zum Beispiel Mehrheitsanteile an Reedereien erwerben und internationale Banken Filialen vor Ort eröffnen können.

Neue Handelslizenzen und eine Negativliste

Ab wann und in welchem Umfang kann zurzeit niemand sagen. Glaubt man der Aussage eines bei der Ausgestaltung der neuen „Shanghai Waigaoqiao Free Trade Zone“ involvierten Chefökonomen, sollen die detaillierten Regeln schrittweise bis Ende Jahr oder im Laufe von 2014 bekannt werden.

An 35 internationale Unternehmen sind derweil bereits Lizenzen verteilt worden, um in der neuen Freihandelszone zu agieren. Dazu sollen auch europäische Firmen wie ein Porsche-Händler, ein VW-Autoversicherer oder eine Partnergesellschaft der französischen Bank BNP Paribas gehören.

Ebenfalls gesichert ist die Information, dass bald eine sogenannte „Negativliste“ publiziert wird, auf der alle Wirtschaftssektoren genannt werden, die der Staat nicht oder zumindest noch nicht dem freien Handel überlassen möchte.

„Eine solche Liste mit rund 190 Punkten wird demnächst publiziert“, ist auf der offiziellen Regierungswebseite nachzulesen. Chinesische Staatsmedien berichten derweil, dass bereits über 10.000 beschränkte Geschäftsbereiche auf der Liste stehen sollen.

Deregulierter Bankenplatz

Kernstück der neuen Freihandelszone ist mit Sicherheit die Deregulierung des Finanzsektors. So soll die chinesische Währung Yuan vor Ort frei konvertibel werden und in beliebigen Mengen umgetauscht werden können. Internationalen Banken soll der Zugang nach Shanghai geöffnet werden.

Hintergrund ist offensichtlich die Bestrebung von Chinas Ministerpräsident Li Keqiang, den träge gewordenen nationalen Grossbanken durch ein Öffnung des Wettbewerbs Konkurrenz zu machen. Ähnlich wie in der Sonderwirtschaftszone Shenzhen, die ausländische Unternehmer anzog, um das produzierende Gewerbe aufzubauen, sollen nun internationale Banker und Finanzdienstleister Shanghai zum global konkurrenzfähigen Finanzplatz machen.

Und wie reagieren etwa Schweizer Firmen auf mögliche Exportoptionen nach Shanghai? „Bisher noch zurückhaltend“, sagt Daniel Bont, Senior Consultant China und Hongkong bei Switzerland Global Enterprise (S-GE). Er spürt, dass sich die Unternehmen zuerst informieren und ein genaues Bild zu möglichen Potenzialen machen möchten. Dafür müssen die Reglemente im Detail bekannt sein. Abwarten ist daher vorerst angesagt.

Bisher ist auch noch nicht klar, wie Shanghai ausländische Firmen anzulocken gedenkt. Im Gespräch ist zum Beispiel eine Senkung der Unternehmenssteuer von bisher 25 auf 15 Prozent. Um ausländischen Arbeitnehmern ein Wohlfühlambiente zu gewährleisten, sollen in der Freihandelszone auch die Internetzensur gelockert sowie Social-Media-Webseiten wie Twitter oder Facebook frei zugänglich werden.

Aber selbst zu solchen Themen gibt es zurzeit noch keine gesicherten Informationen. Ob und wie sich das Experiment mit der Freihandelszone Shanghai für China sowie ausländische Investoren und Exporteure bezahlt machen wird, dürfte sich also frühestens 2014 abzeichnen.

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