Flug verspätet, Anschlussflug verpasst, Flug annulliert, Koffer verloren, Geschäft geplatzt? Rund 366 Millionen Geschäftsreisende und Vielflieger nehmen die vielen Unzulänglichkeiten – von Verspätungen über inkompetente Betreuung am Airport bis hin zu Gepäckstückverlust – verärgert hin. Dabei sieht das EU-Fluggastrecht in vielen Fällen eine finanzielle Entschädigungen vor – vorausgesetzt der Reisende hat einen Anwalt, der sich im dichten Dschungel des europäischen Reiserechts zurechtfindet.
„Da schlummert ein riesiges Potenzial. Da geht es um Millionen, durch die Geschäftsreisebudgets entlastet werden könnten, weil die Chancen auf berechtigte Ansprüche einfach nicht genutzt werden“, sagte kürzlich Dr. Philipp Kadelbach beim „abta Business Travel Lounge“ im Grand Hotel Wien. Er ist Rechtsanwalt bei „flightright“, einem Verbraucherportal für Fluggastrechte, für die Durchsetzung finanzieller Entschädigungen von Reisenden einsetzt.
Das Portal wurde 2010 von Dr. Sven Bode und Dr. Philipp Kadelbach gegründet. Es hilft Flugpassagieren nach Verspätungen, Umbuchungen oder der Annullierung von Flügen bei der Durchsetzung von Entschädigungsforderungen gegenüber den Airlines.
flightright beruft sich dabei auf die Fluggastrechte-Verordnung 261/2004 der Europäischen Union. Diese spricht Betroffenen von Flugausfällen und Verspätungen eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 250 bis zu 600 Euro durch die ausführende Fluggesellschaft zu.
Entschädigungen für verspätete oder annullierte Flüge kann jeder Passagier online einfordern. Der Reisende muss seine Flugdaten auf der Webseite www.flightright.de eingeben; das System prüft daraufhin automatisch, inwieweit der Anspruch auf Entschädigung aussichtsreich ist.
Im Anschluss übernimmt flightright die Durchsetzung der Forderung gegenüber den Fluggesellschaften. An die 80.000 Flugreisende haben bisher den Entschädigungsrechner von flightright genutzt.
Dafür arbeitet das Unternehmen mit einem Netz von Vertragsanwälten zusammen, die das gesamte Verfahren für den Verbraucher durchführen.
Nach erfolgreichem Abschluss erhält flightright eine prozentuale Beteiligung an der Entschädigungssumme in Höhe von 25 Prozent zzgl. Mehrwertsteuer.
„In 95 Prozent der Fälle sind wir erfolgreich“, sagt der Rechtsexperte Dr. Kadelbach. flightright agiert bereits in sieben Ländern. Alleine in Deutschland hat man bislang 4500 Fälle aufgearbeitet. Und mit jeder Flugverspätung werden es mehr.
Auch der Wiener Rechtsanwalt Dr. Eike Lindinger hat sich auf das Reiserecht spezialisiert und darüber auch als Autor mehrere Fachbücher veröffentlicht..
Sein aktuelles Buch „Fluggastrechte“, erschienen im Manz-Verlag, ist für alle, die viel beruflich aber auch privat unterwegs sind, ein Vademecum – eine Fundgrube für Entschädigungsansprüche.
Lindinger: „Wir stehen immer wieder am Anfang der Fluggastrechte. Jeder Fall ist Neuland für uns. Denn die Rechtslage ist trotz bestehender EU-Flugastrechte-Verordnung unheimlich kompliziert.“
Das beginnt bereits bei der Frage, ob es sich um eine Pauschal- oder um eine Geschäftsreise handelt. Welches nationale Recht kommt zur Anwendung? Wo und wie klagt man etwas ein? Wer bekommt letztlich das erstrittene Geld? Der Reisende oder das Unternehmen, für das er tätig ist?
„Die hohe Kunst des Rechtes rund ums Fliegen bedarf tatsächlich wahrer Kenner der Materie“, meint Lindinger und verweist auf das große Potenzial, das hier brachliegt. „Die Fluggäste haben wesentlich mehr Rechte als ihnen bewusst ist, obendrein lässt sich das in bare Münze umwandeln.“ Seiner Meinung wird das Reiserecht in den nächsten Jahren massiv an Bedeutung gewinnen.
Daran lässt auch Hannes Schwarz, Geschäftsführer von FCm Travel Solutions, abta-Vorstandsmitglied und Leiter des Flugausschusses beim ÖRV keinen Zweifel. Der Reiseprofi sieht die Zukunft im Fluggeschäft nicht gerade rosig.
„Fliegen mit Gepäck wird in Europa, aber auch weltweit immer teurer. Bei Billigtickets wird teilweise schon jetzt kein Freigepäck mehr akzeptiert“, sagt Schwarz.
Und: „Nicht nur für Gepäck wird man künftig im Fall von Billigtickets extra zahlen, auch viele Leistungen, wie beispielsweise Check-in am Airport und diverse andere Services wie Sitzplatzwunsch,Verpflegung und technische Tools, wie Kopfhörer an Bord werden künftig extra kosten. Leider nehmen sich viele traditionelle Airlines ein Beispiel an den Low Cost Carrier.“
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