Brasilien ist das fünftgrößte Land der Erde. Es ist für Europa eines der wichtigsten Handelspartner in Lateinamerika. Im interkulturellen Austausch ist es dabei wie im Sport: Für gute Resultate lohnt es sich, regelmäßig zu trainieren und einige Spielregeln zu beachten.
Das weiß die Brasilianerin Silvania Chadú. Sie ist freie interkulturelle Trainerin bei den Carl Duisberg Centren und erklärt, worauf es in der geschäftlichen Zusammenarbeit mit Brasilianern ankommt.
„Unseriös, unzuverlässig und höchst unprofessionell – so werden meine Landleute teilweise von deutschen Geschäftspartnern beschrieben. Antipathie, Frustration oder Verzweiflung sind dann oft die Folge geschäftlicher Beziehungen“, stellt die Expertin fest.
Doch das muss nicht so sein: erfolgreiche Geschäfte in Brasilien sind möglich, wenn die Geschäftspartner um kulturelle Unterschiede wissen und mit diesen umgehen können. Hier die wichtigsten 10 Dos & Don’ts für die nächste Geschäftsreise nach Brasilien.
Brasilianer trennen Privates nicht vom Geschäftlichen: Themen wie das Land, Fußball und Urlaub sind sehr beliebt und eignen sich gut als Gesprächsstoff für die Kennenlernphase. Daher ist Small-Talk keine Zeitverschwendung, sondern sinnvoll und wichtig für den Beziehungsaufbau. Brasilianische Kunden werden nicht von Ihnen kaufen, weil sie den besten Preis oder das leitungsfähigste Produkt haben, sondern weil sie sympathisch und vertrauenswürdig sind.
Offen und direkt auf Fehler hinweisen und konkret sagen, wo der Schuh drückt – das kann in der Kommunikation zwischen Deutschen und Brasilianern zu ernsthaften Problemen führen. Oft reagieren Brasilianer eingeschüchtert oder verletzt und die Kommunikation verstummt, wenn der Deutsche nur ehrlich sein wollte.
Äußern Sie keine direkte Kritik in Brasilien. Sätze wie „Das ist schlecht oder falsch.“ sollten vermieden werden. Besser ist es, das Positive zu erwähnen statt Fehler aufzuzeigen. Sagen Sie niemals sofort „Nein“ und kommunizieren Sie Absagen auf Anfragen oder Einladungen diplomatisch: Zum Beispiel, indem Sie erklären „Das könnte schwierig sein.“ oder „Ich versuche es. Schauen wir mal ob es klappt.“ Das ist in den Augen der Brasilianer keine Lüge, sondern eine diplomatische, höfliche Absage, die das Gefühl der Ablehnung vermeidet.
Anders gestaltet es sich bei der Gastfreundschaft: Dass brasilianische Partner ein Getränk oder einen Snack zunächst ablehnen, ist vollkommen normal. Erst bei der zweiten oder dritten Nachfrage wird gerne zugegriffen. Lehnen Sie selbst auch das erste Angebot dankend ab, denn Sie möchten keine Umstände machen. Dann aber unbedingt später zugreifen.
Brasilianer tendieren dazu, sehr positiv und enthusiastisch zu sein. Sie handeln eher emotional als rational. Negative Gefühle werden hingegen meistens unterdrückt. Trauen Sie sich, etwas Persönliches zu fragen und geben Sie auch Privates von sich preis.
Mimik und Gestik spielen in der Kommunikation eine große Rolle und der Abstand zum Gesprächspartner ist oft geringer, als Deutsche es gewohnt sind – Schulter klopfen oder der leichte Wangenkuss sind keine Seltenheit. Mit einen nicht zu festen Handschlag und direktem Augenkontakt machen Sie jedoch bei der ersten Begegnung nichts falsch. Empfehlenswert ist es, wenn Männer weiblichen Geschäftspartnern den ersten Schritt überlassen.
Die Uhren gehen in Brasilien langsamer, das ist eine Tatsache. Gewöhnen Sie sich am besten daran. Was man heute erledigen kann, lässt sich auch auf morgen oder übermorgen verschieben. Seien Sie aber vorsichtig: Von Deutschen wird in Brasilien, wie in allen anderen Ländern auch, Pünktlichkeit bei einer Verabredung erwartet.
In Brasilien werden Fakten und Zahlen grob geschätzt und selten genau angegeben. Probleme oder Risiken sind Möglichkeiten oder Chancen, keine konkreten Hindernisse. Um nicht ins Fettnäpfchen zu treten, fragen Sie mehrmals nach. So geben Sie Ihrem brasilianischen Gegenüber die Möglichkeit, sich schrittweise zu äußern und das Gesicht nicht zu verlieren.
Brasilianer tendieren dazu, an mehreren Arbeitsaufträgen gleichzeitig zu arbeiten.
Das ist nicht unprofessionell – Prioritäten müssen immer wieder neu gesetzt werden und man entscheidet spontan, welche Aufgaben zuerst erledigt werden. Daher ist es wichtig, dass Sie explizit betonen, welche Aufgaben Priorität haben und das mehrmals. Delegieren ist in Brasilien ein permanenter Akt.
Der Umgang mit Regeln wird flexibel gehandhabt. Um sie optimal zu nutzen, benutzen die Brasilianer ein „jeitinho“ – einen Kniff oder Trick, durch den man auf kreative und manchmal etwas grenzwertige Weise Angelegenheiten regelt oder negative Konsequenzen vermeidet. So werden kleine Ausreden oder Geschichten erfunden wie etwa „Meine Mutter ist krank“ oder eine persönliche Verbindung zum Verantwortlichen gesucht. Für Ausländer empfiehlt es sich, im Hinterkopf zu behalten, dass Vorschriften flexibler ausgelegt werden können. Das erspart oft Ärger, Kosten und Zeit.
Background: Die Carl Duisberg Centren sind ein führendes gemeinnütziges Dienstleistungsunternehmen auf dem Gebiet der internationalen Bildung und Qualifizierung. Mehreren tausend Menschen aus aller Welt vermitteln alljährlich Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenz, Auslandserfahrung und internationales Fachwissen. Darüber hinaus werden grenzüberschreitende Bildungsprojekte für Wirtschaft und öffentliche Institutionen organisiert.
Die 1962 gegründeten Carl Duisberg Centren haben ihren Hauptsitz in Köln und sind in Deutschland an sechs weiteren Standorten in Berlin, Dortmund, Hannover, München, Saarbrücken, Radolfzell am Bodensee und der Rhein-Main-Region präsent. Eigene internationale Standorte sichern in Verbindung mit zahlreichen Kooperationspartnern in aller Welt die internationale Handlungsfähigkeit der Carl Duisberg Centren.
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