

Die Wirtschaft ist um 3,8 Prozent geschrumpft, Millionen haben ihre Arbeit verloren, die Inflation liegt bei rund zehn Prozent. Politisches Chaos, milliardenschwere Korruptionsskandale, wirtschaftlicher Niedergang, steigende Kriminalität, die Angst um das Zika-Virus. Brasiliens Probleme sind groß und vielfältig, von Vorfreude auf Olympia ist daher nichts zu spüren. ZDF-Brasilien-Korrespondent Andreas Wunn zeigt am 31. Juli in seiner Reportage die Ursachen und Konsequenzen der historischen Krise in Brasilien; eine Kollektion der geplatzten Träume vom wirtschaftlichen Aufstieg.
Brasilien ist ein Land mit kurzem Gedächtnis, die Menschen hier leben intensiv den Augenblick. Jedes Jahr reisen Zehntausende Geschäftsreisende und Urlauber aus Europa nach Brasilien. Die meisten Reisen verlaufen ohne Zwischenfälle. Zumeist in großen Städten kommt es immer wieder zu Protestaktionen und Demonstrationen, die in den letzten Wochen vereinzelt zu schweren Ausschreitungen geführt haben. Geschäftsreisenden und Touristen wird deshalb voempfohlen, sich von Demonstrationen und Menschenansammlungen fernzuhalten und sich umsichtig zu verhalten.
Dazu kommt: Seit Monaten wird eine deutliche Zunahme von durch Mücken übertragbaren Zika-Virus-Infektionen beobachtet, die für ungeborene Kinder eine Gefahr darstellen können. Schwangeren wird daher empfohlen, von vermeidbaren Reisen in Zika-Virus-Ausbruchsgebiete abzusehen.
Mehr als 150 Gesundheitsexperten warnen in einem offenen Brief dringend davor, die Olympischen Spiele in Rio auszutragen. Ansgesichts der Tatsache, dass mehr als eine halbe Million Touristen die Sommerspiele im August besuchen wollen, sei es „unethisch“, die Spiele in der jetzigen Situation auszutragen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hält derzeit eine Verlegung noch nicht für nötig.
Diese Sicherheitstipps sollten Geschäftsreisende und Urlauber in Brasilien beachten:
Die Gefahr, Opfer eines Raubüberfalls oder eines anderen Gewaltverbrechens zu werden, ist in Brasilien erheblich höher als in Westeuropa. Besonders Großstädte wie Belém, Porto Alegre, Recife, Salvador, Fortaleza, São Luiz, Maceio, Rio de Janeiro und São Paulo weisen hohe Kriminalitätsraten auf. Grundsätzlich ist Vorsicht angebracht, auch in als sicher geltenden Landes- oder Stadtteilen. Besonders stark von Kriminalität und Gewalt betroffen sind Armensiedlungen (Favelas). Von Favela-Besuchen wird daher dringend abgeraten. Diese Gebiete werden teilweise von Kriminellen und Drogenbanden kontrolliert. Bewaffneten Auseinandersetzungen, auch mit der Polizei, fallen häufig auch Unbeteiligte zum Opfer. Eine Häufung krimineller Zwischenfälle ist vor allem in weniger belebten Straßen der Innenstädte, an Stränden sowie auf Zubringerautobahnen zu den Flughäfen zu verzeichnen. In größeren Flughäfen können Taxis auch schon im Flughafengebäude gebucht und bezahlt werden, was mit höherer Sicherheit verbunden ist. Bei der Reise sollten Ausweispapiere nicht im Gepäck aufbewahrt sondern „am Mann“ getragen werden. Am Zielort ist es empfehlenswert, Originale der Ausweispapiere im Safe des Hotels zu lassen und nur Kopien und eine Broschüre/Visitenkarte des Hotels mit sich zu führen. Laptops sollten unauffällig, etwa in einer verschließbaren Reisetasche, verstaut oder auch in den Hotelsafe gelegt werden. Es wird empfohlen, beim Straßenbummel auf auffällige Kleidung, Uhren und (Mode-) Schmuck zu verzichten und Geld und Wertsachen (Kameras, Uhren, Smartphones etc.) nur im erforderlichen Umfang mitzunehmen und verdeckt zu tragen. Bei Überfällen sollte kein Widerstand geleistet werden. Die oft unter Drogeneinfluss stehenden Täter sind in aller Regel bewaffnet und schrecken vor Gewaltanwendung auch aus nichtigem Anlass nicht zurück. Es ist ratsam, stets einen geringeren Geldbetrag zur widerstandslosen Herausgabe mitzuführen. Auf Straftaten im Umfeld der Prostitution (Diebstähle, Raub, Überfälle etc.) wird besonders hingewiesen. Berüchtigt ist die Verabreichung von Getränken mit Schlaf- bzw. willensverändernden Mitteln. Es wird dringend empfohlen, vor allem in Bars und anderen Lokalitäten Getränke nie unbeaufsichtigt zu lassen. Von der Mitnahme von Prostituierten oder flüchtigen Bekannten in das eigene Hotelzimmer wird ausdrücklich vom deutschen Auswärtigen Amt abgeraten. Zur Verringerung des Risikos, Opfer eines – nicht selten auch vorgetäuschten – Verkehrsunfalls oder Fahrzeugraubs zu werden, sollte von Überlandfahrten in der Nacht abgesehen werden. Nicht auf das Vorfahrtsrecht insistieren. Im Stadtverkehr sollten die Fenster des Fahrzeugs geschlossen, die Türen verriegelt und Wertgegenstände außer Sichtweite verstaut werden. An Ampeln und im stockenden Verkehr wird zur besonderen Vorsicht geraten. Bei drei- oder mehrspurigen Straßen empfiehlt es sich, die mittlere Spur zu nutzen. Zur Hauptverkehrszeit kommt es in überfüllten Bussen und Zügen häufiger zu Taschendiebstählen. Insbesondere nachts sind Taxis öffentlichen Verkehrsmitteln vorzuziehen.
Die Kriminalitätsrate liegt über dem weltweiten Durchschnitt. Mehr als 550.000 Brasilianer sind in den vergangenen 10 Jahren ermordet worden, acht Mal ein volles Maracanã-Stadion. Alle zehn Minuten wird in Brasilien ein Mensch getötet.
In den Hauptstädten der brasilianischen Bundesstaaten wird laut einer Untersuchung der Forschungsgruppe Brasilianisches Forum Öffentliche Sicherheit im Durchschnitt halbstündlich ein Mord verübt. So starben gemäß einer Statistik von 2012 mindestens 56.337 Menschen durch Mord oder Totschlag. Dies entspricht einer Zahl von über 154 Tötungsdelikten pro Tag.

Interessante, informative und praktische Tipps von Wolfgang Kunath
Die Polizei hat vor allem in den Städten mit Morden, Entführungen, Raubüberfällen und organisierten Drogen- und Kriminellensyndikaten (wie etwa das Comando Vermelho in Rio de Janeiro und das Primeiro Comando da Capital in São Paulo) zu kämpfen. Das Polizistengehalt ist niedrig, deswegen gilt die Polizei als besonders korruptionsanfällig.
Es ereignen sich zudem zahlreiche Fälle, in denen Polizeiangehörigen Machtmissbrauch bis hin zu Erpressung und Mord vorgeworfen wird. Auch innerhalb der Justiz ist Korruption weit verbreitet. Gefängnisaufstände in den überfüllten Haftanstalten sind keine Seltenheit.
Um die hohe Zahl an Gewaltopfern zu verringern, wurde im Januar 2004 ein Gesetz vorgeschlagen, das den privaten Waffenbesitz verbieten sollte. Dieser Gesetzesvorschlag ist 2005 per Volksreferendum abgelehnt und deshalb ausgesetzt worden. Als einer der Gründe dafür wurde mangelndes Vertrauen in die Polizei genannt.
Hier noch einige wichtige Hinweise für die Metropolen Rio und São Paulo:
Rio de Janeiro. Das Zentrum (Centro) Rios ist nach Geschäftsschluss am Samstag und Sonntag unbelebt und nicht sicher. Die oft menschenleeren Straßen der Innenstadt sollten daher am Wochenende und nachts gemieden werden.

Auch an den Stränden, Promenaden, und im Ausgehviertel Lapa ereignen sich immer wieder Diebstähle und Überfälle, auch tagsüber, wobei insbesondere Mobiltelefone, Schmuck und Bargeld für die Täter von Interesse sind. Hier ist, vor allem nach Einbruch der Dunkelheit, Achtsamkeit geboten. Von nächtlichen Strandspaziergängen wird dringend abgeraten.
São Paulo. Hier ist das historische Stadtzentrum um die Praça da Sé (vor der Katherdrale) unter der Woche nachts sowie nach Geschäftsschluss am Wochenende unbelebt und nicht sicher; gleiches gilt für die Gegend um die belebte Metro-Station „Estaçao da Luz“, die man zu den genannten Zeiten meiden sollte. Im Stadtzentrum gibt es viele Obdachlose, die zum Teil drogensüchtig sind und Passanten zuweilen belästigen.

Geschäftsreisende und Urlauber, die trotz aller Vorsichtsmaßnahmen dennoch Opfer einer Straftat oder anderweitig in Not geraten sind, erhalten von den deutschen, österreichischen und schweizerischen Auslandsvertretungen in Brasilien Hilfe.
Vor Drogenkonsum und Drogenhandel wird nachdrücklich abgeraten. Drogendelikte, auch die Beförderung von Drogen über die Landesgrenzen, werden in Brasilien streng geahndet. Es drohen hohe Strafen. Seien Sie misstrauisch, wenn Sie etwas für Dritte aus Brasilien heraus befördern sollen. Haftstrafen müssen regelmäßig – oft unter schwer erträglichen Bedingungen – in Brasilien verbüßt werden.
Baden „oben ohne“ und Wechseln der Kleidung in der Öffentlichkeit: Baden „oben ohne“ gilt in Brasilien als Erregung öffentlichen Ärgernisses; ebenso das Wechseln der Kleidung in der Öffentlichkeit, z. B. am Strand. Beides kann zur Festnahme bzw. einem Gerichtsverfahren führen. Zum Kleidungswechsel sollten daher stets Umkleidekabinen oder andere geeignete Räumlichkeiten aufgesucht werden. In diesem Sinne: Gute Reise und willkommen in Brasilien.
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