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Flugverspätungen europaweit enorm hoch

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Flugverspätungen: Passagier am Airport müssen warten
Verspätete Flüge, verärgerte Passagiere: Die Flugverspätungen sorgen für Zoff (Foto: Connecting Flights Guide)

Unfassbar! Jeder 5. Fluggast musste im Sommer 2021 warten. Und der Trend setzt sich fort. Laut Business Insider musste im vergangenen Sommer 2021 jeder fünfte deutsche Fluggast am Flughafen warten. Auch die aktuelle Urlaubssaison bietet keine Aussicht auf Besserung.

Die Corona-Pandemie führte zu abgesagten Reisen und Personalkürzungen. Die Folge: Es fehlen etwa 7.200 Flughafenbeschäftigte in Deutschland. Der Mangel an Fachpersonal macht sich für Reisende an langen Warteschlangen und vielen Flugverspätungen bemerkbar.

Die Corona-Pandemie hatte in den Jahren 2020 und 2021einen massiven Einfluss auf den Flugverkehr und damit auf die gesamte Flugbranche als Arbeitgeber. Abgesagte Urlaube, Einreisebeschränkungen und Lockdowns führten zu geparkten statt fliegenden Passagierflugzeugen.

Daher suchten sich viele Arbeitnehmer während der Pandemie europaweit neue Jobs bzw. mussten es, da sie gekündigt wurden. Und das spüren sowohl die Airlines als auch die Flughäfen und nicht zuletzt die Reisenden jetzt an zahlreichen europäischen Airports.

Die europäische Reisenachfrage soll im Jahr 2022 laut Vorhersage der ETC (European Travel Commission) auf 70 % der Zeit vor COVID-19 steigen. Die Rückkehr der Reisenden hat die Fluggesellschaften offenbar unvorbereitet getroffen, da im Moment europaweit Flugpersonal insbesondere am Boden ein rares Gut ist – sei es aufgrund von generellen Personalmangel oder Streiks. Diese Knappheit wiederum führt zu Flugstreichungen und massiven -verspätungen. 

Brüssel, Frankfurt/Main und Eindhoven führen das Feld der unpünktlichsten Flughäfen an – laut Daten zu ausgewählten Flughäfen von Hopper Inc. waren 72 %, 68 % und 67 % der Flüge im Juli 2022 verspätet. Außerdem kam es an keinem anderen europäischen Flughafen zu mehr Flugstreichungen als in Frankfurt/Main.

Nach Angaben des Flugdatendienstleisters OAG blieben 6,7 % der geplanten Flüge in Frankfurt ganz am Boden (Stand: Juli 2022). Ein Flugzeug gilt erst als verspätet, wenn es mindestens 15 Minuten nach geplanter Abflugzeit startet.

Grafik zur Prozentzahl der Flugverspätungen in Europa

Frankfurt und München sind die unpünktlichsten Flughäfen

Nach Angaben von OAG konnten in im Juli 2022 nicht einmal die Hälfte der Flüge in Deutschland pünktlich starten. Negativ-Spitzenreiter sind dabei die Großflughäfen Frankfurt/Main und München. Dort befand sich im Juni und Juli 2022 laut OAG nur jeder vierte Flug im Zeitplan. Und das obwohl das Passagieraufkommen in der ersten Jahreshälfte 2022 nur 59 % des Volumens der ersten sechs Monate von 2019 entsprach.

Je höher die Anzahl der Passagiere, desto aufwendiger die Koordination von Menschen und Maschinen. Die Flieger starten und landen im Minutentakt, die Slots sind eng getaktet. Das höchste Passagieraufkommen hat der Flughafen Frankfurt/Main – laut einer Studie von Fraport waren es über 20,8 Millionen Passagiere in der ersten Jahreshälfte von 2022. In München waren es knapp 13 Millionen.

An kleineren Flughäfen kommt es laut Daten der OAG zu weniger Verspätungen. Im Juni und Juli 2022 startet an den Flughäfen Köln/Bonn und Stuttgart nur knapp jeder vierte Flug zu spät. Berlin, Düsseldorf und Hamburg befinden sich mit einer Verspätungsquote von 50 % im Mittelfeld. Slots sind Zeitfenster von meist 15 Minuten, in denen Flugzeuge landen und starten dürfen.

Die Abflugverspätungen im Sommer 2022

Wohin die Reise auch geht: Flugverspätungen und -ausfälle können auf jeder Reiseroute vorkommen. Jedoch sind aktuell einige Reiseziele in Europa häufiger und andere seltener von Verzögerungen betroffen. 

Seit Beginn der Urlaubssaison nimmt das tägliche Passagieraufkommen nicht nur am großen Frankfurter Flughafen zu, sondern beispielsweise auch am Hamburger Flughafen steigt das Flug- und Passagiervolumen. An Spitzentagen stehen bis zu 170 Starts und Landungen am größten Airport im Norden Deutschlands auf dem Plan.

Laut NDR sind dabei Ziele wie Antalya, Mallorca oder Kreta bei den Hamburger Urlaubsgästen am beliebtesten. Doch wie steht es um die Pünktlichkeit der Ferienflieger in diese Regionen? Um wie viele Minuten verspäten sich die Maschinen aktuell im Durchschnitt? Darüber gibt das folgende Ranking von 30 europäischen Reisezielen Auskunft:

Störfaktoren zwischen Landung und Start eines Flugzeugs

Um den Gründen für Flugverspätungen genauer auf die Spur zu kommen, lohnt sich ein Blick auf den gesamten Abwicklungsprozess am Flughafen.

Der Flugverkehr nimmt stetig zu und füllt die Autobahnen des Himmels, die sogenannten Luftstraßen, mit immer mehr Fliegern. Die hohe Nachfrage sorgt dafür, dass kaum eine Maschine nach ihrer Landung lange am Boden bleibt.

Airline- und Flughafenpersonal tun daher alles, um die Zeit zwischen Landung und Start einer Passagiermaschine kurz zu halten. Schließlich soll der Flieger wieder möglichst schnell mit neuen Reisegästen starten können. Das ist angesichts des aktuellen Fachkräftemangels an Deutschlands Flughäfen kein leichtes Unterfangen.

Denn anders als bei der Reise mit Zug, Auto und Co. sind zwischen Landung und Start eines Flugzeuges aufwendige Sicherheitsmaßnahmen und Vorbereitungen nötig.

Während des sogenannten Turnarounds koordinieren zahlreiche Personen viele Einzelarbeiten, bevor sich das Flugzeug mit neuen Passagieren abermals in die Lüfte erhebt.

Greift hier ein kleines Zahnrad nicht reibungslos in das andere, kann sich das auf alle nachfolgenden Schritte bis zum Abflug auswirken. Durch den Schneeballeffekt führt dabei oft schon ein kleiner Fehler im Ablauf zu spürbaren zeitlichen Folgen für Passagiere und Crew. 

Gut zu wissen: Laut einer Erhebung von Eurocontrol waren ungünstige Wetterbedingungen im Jahr 2021 für lediglich 7 Prozent der Flugverspätungen in Europa verantwortlich. Mehr als die Hälfte der Verzögerungen verursachten die Airlines sowohl bei internationalen als auch bei innerdeutschen Abflügen selbst. Der Bodenpersonalmangel in der Flugbranche zeigt sich bereits 2021 als gravierender Auslöser für Verspätungen.

Airlines tragen laut Eurocontrol die Hauptverantwortung für die zahlreichen Verspätungen. Diese sind jedoch von Airline zu Airline unterschiedlich stark ausgeprägt. Das wird anhand eines europaweiten Rankings der pünktlichsten Fluggesellschaften von Cirium, Analyse-Spezialist für die Luftfahrtbranche, deutlich.

Platz 1: Iberia – 79,18 % der Landungen pünktlich
Platz 2: Air Europa – 77,80 % der Landungen pünktlich
Platz 3: Finnair – 73,11 % der Landungen pünktlich
Platz 4: KLM – 69,63 % der Landungen pünktlich
Platz 5: Norwegian Air Shuttle – 69,30 % der Landungen pünktlich
Platz 6: SAS – 66,02 % der Landungen pünktlich
Platz 7: ITA Airways – 65,56 % der Landungen pünktlich
Platz 8: Norwegian Air International – 62,74 % der Landungen pünktlich
Platz 9: SWISS – 62,24 % der Landungen pünktlich
Platz 10: Air France – 56,55 % der Landungen pünktlich

Checkliste für das Verhalten am Flughafen

Gestrandet! Aber nicht am erträumten Südseestrand, sondern am Flughafen-Gate. Das erzeugt bei Passagieren ein Gefühl der Hilflosigkeit. Doch das muss nicht sein: Bereits am Airport lässt sich die Zeit nutzen, um erste Schritte einzuleiten, seine Fluggastrechte geltend zu machen. So gehen Sie richtig vor, um Ihre Rechte geltend zu machen:

  • Mit Airline-Personal in Kontakt treten und um Informationen sowie Versorgungleistungen bitten.
  • Schriftliche Bestätigung mit Grund und Dauer der Verspätung ausstellen lassen.
  • Belege für zusätzliche Ausgaben wie Verpflegung sammeln.
  • Nichts unterschreiben und keine Angebote annehmen, die die Fluggastrechte außer Kraft setzen.
  • Bordkarten oder E-Tickets und die Buchungsbestätigung unbedingt aufbewahren.
  • Bei Pauschalreisen zusätzlich den Reiseveranstalter kontaktieren.

Welche Ansprüche für Fluggäste bei Flugverspätungen entstehen, regeln die EU-Fluggastrechtverordnung (EU-Verordnung 261) und das Montrealer Übereinkommen (MÜ). Gäste, die innerhalb der EU reisen, genießen auch in Sachen Fluggastrechte einen hohen Schutz. Welche Verordnung für die jeweiligen Flüge greift, hängt von der Airline, dem Start- und dem Zielflughafen ab.

  • Innerhalb der EU: Befinden sich Start- und Zielflughafen innerhalb der EU, greift die EU-Verordnung 261 unabhängig von der Airline.
  • Außerhalb der EU: Liegt der Startflughafen außerhalb der EU, so muss es sich um eine EU-Fluggesellschaft handeln, damit die europäische Verordnung gilt. Ist dies nicht der Fall, kommt das MÜ zum Tragen. Dies betrifft alle internationalen Flüge in die Länder, die das Abkommen unterzeichnet haben (wie zum Beispiel die USA, Australien und Japan).

Airlines müssen bei individuell gebuchten Flügen keine Entschädigung für Flugverspätungen zahlen, wenn diese durch außergewöhnliche, für die Airline nicht vermeidbare Umstände entstanden sind. Dazu gehören alle Situationen, die eine „höhere Gewalt“ hervorgerufen hat. Beispiele dafür sind:

  • Streik des Flughafenpersonals
  • schlechte Wetterbedingungen
  • Vogelschlag
  • Terrorgefahr
  • politische Instabilität

Bei Pauschalreisen sieht es anders aus, da Reisende besser bei Flugverspätungen und -ausfällen abgesichert sind.

Wie hoch die jeweiligen Entschädigungszahlungen ausfallen, hängt von der geflogenen Strecke ab. Kurz-, Mittel- oder Langstrecke entscheiden außerdem darüber, ab wann der Anspruch auf eine kostenlose Verpflegung während der Wartezeit entsteht.

Nach Flugverspätung: Wie bekomme ich eine Entschädigung?

In Deutschland haben Fluggäste drei Jahre Zeit, um ihre Ansprüche auf Entschädigungszahlungen für Flugverspätungen geltend zu machen. Bei einer Pauschalreise sind Reisende generell besser abgesichert als bei einer Einzelbuchung. Wer eine Pauschalreise über einen Reiseveranstalter gebucht hat, sollte in dieser Frist die Entschädigung direkt über die Airline fordern. Dazu bieten sich diese drei Möglichkeiten an:

  1. Online-Antrag auf Airline-Webseite
  2. E-Mail an Airline
  3. Einwurfeinschreiben an Airline

Der wohl bequemste Weg ist aber die Antragstellung über das Online-Formular der Airline. Dieses fragt in der Regel folgende Daten und Dokumente ab, die Gäste währenddessen bereithalten sollten:

  • Allgemeine Angaben zum Passagier (Kontaktdaten, Geburtsdatum, vollständiger Name)
  • Ticketnummer
  • Buchungscode

Zudem empfiehlt es sich, die gesammelten Belege für zusätzliche Ausgaben und eine schriftliche Bestätigung der Verspätung als Anhang hochzuladen.

Frau sitzt am Flughafen und wartet auf ihren Flug
Wegen Flugverspätungen müssen Reisende lange Wartezeiten auf den nächst Flug in Kauf nehmen

Pauschalreisen sind die sicherste Option bei Flugproblemen

Eine Flugverspätung oder -streichung wünscht sich wohl kein Passagier auf dem Weg in den herbeigesehnten Urlaub. Besonders nervenaufreibend wird es jedoch, wenn durch Flugprobleme die gesamte Reiseplanung auf der Kippe steht.

Schaffen wir es pünktlich zum Kreuzfahrtschiff oder zum Anschlussflug? Können wir die erste Hotelnacht noch nutzen und was passiert, wenn wir den Start unserer Rundreise verpassen? Fallen Kreuzfahrt und Co. in diesem Fall buchstäblich ins Wasser? Das hängt von der Art der Reisebuchung ab.

Ob Streik, Vulkanausbruch oder technischer Fehler: Der Grund für die Flugverspätung spielt bei einer Pauschalreise keine Rolle. Verpasst der Gast durch verspätete Beförderungsleistung die Ausschiffung, steht der Reiseveranstalter in der Pflicht, Abhilfe zu schaffen. Außerdem trägt er alle Kosten, die beispielsweise für einen neuen Flug zum nächstmöglichen Hafen anfallen.

Ist eine Nachreise nicht möglich, storniert der Veranstalter die Kreuzfahrt für die betroffenen Passagiere und verlangt dafür keine Stornokosten. Den Gesamtreisebetrag erhalten die Reisegäste zurück. Das gilt auch bei Rundreisen, nicht genutzten Hotelnächten sowie Ausflügen, die Bestandteil des Pauschalreisevertrages sind. Bei einer Pauschalreise lohnt es sich außerdem, die Ansprüche auf eine mögliche Reisepreisminderung durch die Verspätung zu prüfen.

Tipp: Wer die Flüge zu dem Kreuzfahrtschiff oder der Rundreise über denselben Reiseveranstalter als Pauschalreise bucht, ist stets auf der sicheren Seite. Der Flug ist dabei Bestandteil des Reisevertrages. Das hat den Vorteil, dass bei Flugproblemen neben der Airline auch der Reiseveranstalter haftet und für Abhilfe sorgt.

Flugverspätungen bei einer Einzelbuchung

Begeben sich das Kreuzfahrtschiff oder der Rundreisebus bei einer Individualbuchung ohne die betroffenen Urlaubsgäste auf ihre Route, wird es nicht nur stressig, sondern auch kostspielig.

In diesem Fall ist der Flug kein Bestandteil des Pauschalreisevertrages und es liegt eine separate Buchung über die Airline oder ein Flugportal vor. Erreicht der Passagier zum Beispiel das Kreuzfahrtschiff nicht rechtzeitig und will die Kreuzfahrt stornieren, kann der Reiseveranstalter Stornogebühren verlangen. Ansprechpartner für mögliche Entschädigungen ist hier lediglich die Airline.

Ist die Verspätung jedoch eher unerheblich oder lagen außergewöhnliche Umstände vor, ergibt sich hier kein Haftungsanspruch. Handelt es sich um ein Verschulden der Airline, liegt die Haftungshöchstgrenze aktuell laut internationaler Bestimmungen bei maximal 5.600 Euro. Stornokosten für hochwertige Kreuzfahrten oder Rundreisen können diesen Betrag jedoch schnell überschreiten.

Schlange von Reisenden am Flughafen
Wegen Flugverspätungen müssen Reisende am Flughafen oft Stunden warten

Flugverspätungen passieren, Hilflosigkeit muss nicht sein

Mit Blick auf den zunehmenden Flugverkehr und die komplexen Prozesse am Flughafen machen deutlich: Auch in Zukunft werden viele Urlaubsgäste von Flugverspätungen und -ausfällen betroffen sein. Außergewöhnliche Witterungsverhältnisse, Personalstreiks und aktuell -mangel sowie ein reges Treiben auf den Airways sorgen weiterhin für verspätete Flieger.

Zahlreiche Online-Anlaufstellen erleichtern den betroffenen Passagieren jedoch das Einfordern ihrer Rechte. Wer gut informiert in den Urlaub startet und sich am Flughafen richtig verhält, ist Flugverspätungen dabei nicht mehr hilflos ausgesetzt.

Im Idealfall sind größere Verluste durch die clevere Buchung einer Pauschalreise bereits vor dem Betreten des Flughafens ausgeschlossen und der Urlaubsvorfreude steht nichts mehr im Wege – nicht einmal ein unpünktlicher Ferienflieger.

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