Die deutschen Unternehmen ziehen ihre Konsequenzen aus der von der Lufthansa Group Anfang September 2015 eingeführten Distribution Cost Charge (DCC) und prüfen nicht nur verstärkt alternative Buchungsmöglichkeiten, sondern wechseln auch bewusst und gezielt zu anderen alternativen Fluganbietern.
So lautet das gemeinsame Fazit der Branchenverbände Deutscher ReiseVerband (DRV) und Verband Deutsches Reisemanagement (VDR), das sie heute auf einer Pressekonferenz in Frankfurt am Main vorstellten. Seit rund 100 Tagen berechnet die Lufthansa für Buchungen von Flugtickets über Globale Reservierungssysteme (GDS) das zusätzliche Entgelt in Höhe von 16 Euro.
„Der Vorstoß der Lufthansa stellt einen massiven Eingriff in die hocheffektiven Buchungs- und Abwicklungsprozesse der Unternehmen dar. Für Firmenkunden ist die nicht kostenpflichtige Buchung über die Websites der Lufthansa absolut keine Alternative“, so VDR-Präsident Dirk Gerdom mit Verweis auf eine internationale Umfrage der Global Business Travel Association (GBTA), die belegt, dass mehr als 90 Prozent der Unternehmen Direktbuchungen über die Lufthansa nicht nutzen.
Was will Lufthansa mit den Daten der Geschäftsreisenden tun?
„Hier geht es zudem sowohl um das Thema Datenschutz als auch um die Fürsorgepflicht der Unternehmen für die auf Geschäftsreisen befindlichen Mitarbeiter.“ Buchen Mitarbeiter direkt über die Websites der Lufthansa, sind Reiseverlauf und Reisedaten für Unternehmen und deren Travel Manager kaum noch nachvollziehbar, so Gerdom. Im Krisenfall wie etwa bei einem Anschlag oder anderen Notsituationen kann das fatale Folgen haben.
GDS-Buchungen fließen hingegen direkt über Schnittstellen in Buchhaltungs-, Abrechnungs- und Auswertungssysteme von Firmenkunden und Geschäftsreisebüros ein. Zudem sind Umbuchungen oder Stornierungen heute schnell und elektronisch über die GDS machbar.
„GDS sind die effizienteste Lösung für die Unternehmen und werden deshalb auch weiterhin präferiert“, erklärt Stefan Vorndran, Vorstandsmitglied des DRV und Vorsitzender des DRV-Ausschusses Business Travel.
Die Ergebnisse einer aktuellen Trendabfrage des DRV unter seinen Mitgliedern zeigen zudem: Die Kunden überdenken ihr bisheriges Buchungsverhalten und prüfen Angebote anderer Airlines. Fast 75 Prozent der befragten Reisebüros – sowohl stationäre als auch Online-Büros – Ticketgroßhändler (Consolidator) sowie Reiseveranstalter – berichtet, dass sich das Buchungsverhalten ihrer Kunden durch die Einführung der Lufthansa-DCC verändert hat. Über 40 Prozent geben an, dass sich das Verhalten stark bis sehr stark verändert habe.
„Auf Grundlage der Ergebnisse gehen wir davon aus, dass es bei Flugbuchungen zu Marktverschiebungen kommen wird“, so Vorndran. „Das ist ein klares Signal an die Lufthansa, ihr bisheriges Vorgehen zu überdenken und sich wieder mehr um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihrer wichtigsten Kundengruppe zu bemühen.“
Dem schließt sich VDR-Präsident Dirk Gerdom an: „Als wichtigster nationaler Carrier hätte die Lufthansa die Firmenkunden von Anfang an in die Umsetzung ihrer neuen Distributionsstrategie einbeziehen müssen.“
Wichtige Entscheidungskriterien wie Transparenz und Vergleichbarkeit werden durch die DCC außer Kraft gesetzt und können nur durch einen erheblichen Kostenaufwand auf anderem Wege hergestellt werden, warnen die Branchenverbände. Dies wirke sich langfristig auf die gesamte Branche negativ aus, insbesondere dann, wenn die Lufthansa auch zukünftig keine tragfähigen Alternativen anbieten könne oder diese erst entwickelt werden müssten. Als Extra-Posten würde das Distributionsentgelt zudem im Stornofall nicht erstattet werden, was weitere Kosten erzeuge.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Ergebnisse rufen VDR und DRV die Lufthansa gemeinsam dazu auf, ihr weiteres Vorgehen den Bedürfnissen des Marktes anzupassen und die Einführung der DCC zu überdenken.
Was sagt die Lufthansa zu den Angriffen von DRV und VDR?
Hier eine aktuelle Stellungnahme der Lufthansa zu den Vorwürfen, die auf der Pressekonferenz erhoben wurden:
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