Die Reisezeit zum Geschäftsreiseziel ist Arbeitszeit und muss vergütet werden. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Urteil vom 17. Oktober 2018 entschieden. Dem Urteil ging ein Rechtsstreit voraus, im Zuge dessen ein Arbeitnehmer die vollumfängliche Vergütung seiner Hin- und Rückreise zu einer Auslandstätigkeit forderte. Doch profitieren Arbeitnehmer von der neuen Gesetzgebung?
Der führende Anbieter von integrierten Lösungen für das Geschäftsreisemanagement, SAP Concur, hat im Februar 2019 die Vergütung von Reisezeiten in einer repräsentativen Befragung unter 1.044 Berufstätigen in Deutschland ermittelt. Das Ergebnis: Fast die Hälfte der Arbeitnehmer erhält keine vollständige Vergütung ihrer beruflich bedingten Reisezeit. Aber haben Arbeitgeber aktuell überhaupt die Möglichkeit, die Reisezeiten zu vergüten?
Klare Reiserichtlinien für Reisezeit
Basis für eine vollumfängliche Vergütung der An- und Abreisezeiten ist deren vollständige Erfassung. Hierfür sieht das BAG in seinem Urteil den Arbeitnehmer in der Pflicht. Laut der Umfrage von SAP Concur, erfassen aber längst nicht alle Arbeitnehmer angefallene Reisezeiten:
Ein möglicher Grund könnte in unklaren Reiserichtlinien liegen. Drei von vier Arbeitnehmern geben an, keine eindeutigen Leitlinien für die Erfassung von Reisezeiten als Arbeitszeit zu haben.
Besser aufgeklärt scheinen hier Angestellte in höherer Position zu sein: 75 Prozent der leitenden Angestellten, Geschäftsführer und Vorstände erfassen die An- und Abreise mit Flugzeug und Bahn auf ihrer Geschäftsreise.
Das BAG legt die Einführung von Richtlinien zur Erfassung von Reisezeiten ins Ermessen der Arbeitgeber. Unternehmen profitieren aber von klaren Regelungen, da sie hierdurch Streitigkeiten mit ihren Mitarbeitern vermeiden und zudem auch Kosten besser kontrollieren und einsparen können.
Lieber Reisekosten einsparen als Arbeitszeit?
Haben Unternehmen keine Regelungen hinsichtlich zu bevorzugender Reiserouten und den damit verbundenen Reisezeiten getroffen, könnte das bei konsequenter Umsetzung des BAG-Urteils schnell teuer werden. Insbesondere wenn mit einer günstigen Verbindung mit Zwischenstopp beim Geschäftsreisenden eine deutlich längere Reisezeit anfällt und die Lohnkosten die eingesparten Ausgaben für die Anreise nicht aufwiegen.
Wie die Studie des Marktforschungsinstituts INNOFACT AG zeigt, können Arbeitgeber ihre Richtlinien in diesem Bereich tatsächlich noch nachbessern. Nur etwas mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer (56 Prozent) gibt an, dass ihr Unternehmen zum Thema Kosten beziehungsweise Dauer einer Geschäftsreise klare Regelungen getroffen hat.
Hierbei erhält mit 33 Prozent eher die kostengünstige Verbindung den Vorzug, während 23 Prozent der Befragten vom Arbeitgeber dazu angehalten sind, die schnellste Reiseverbindung zu buchen.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass Arbeitgeber die Folgen des Urteils noch nicht vollständig berücksichtigen“, sagt Götz Reinhardt, Managing Director MEE bei SAP Concur. „Wenn Arbeitnehmer für die komplette Zeit ihrer An- und Abreise vergütet werden, müssen die Kosten von Geschäftsreisen neu berechnet werden. Nicht immer folgen auf die günstigsten Verbindungen auch die kosteneffizientesten Reisen.“
In Zukunft berücksichtigen intelligente Tools dank Anbindung an das ERP-System eines Unternehmens alle mit einer Reise verbundenen Kosten und bieten Entscheidern komplette Transparenz. Auf dieser Basis können sie Richtlinien erstellen, die das BAG-Urteil berücksichtigen, ohne die Kosten für Geschäftsreisen unnötig in die Höhe zu treiben.
„Ferner können an die Lösungen Anforderungen gestellt werden, um über das System die kürzeste Reisezeit und somit auch den effektivsten Reiseplan zu identifizieren. Werden diese Regelungen von Geschäftsreisemanagement-Lösungen bereits im Buchungssystem hinterlegt und bei der Buchung berücksichtigt, kann auch die Einhaltung der Compliance gewahrt werden“, meint Götz Reinhardt. Unternehmen können so eine volle Abrechnung von Reisezeiten gewährleisten.
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