Anderswo ist immer anders. Städte und Menschen mit anderen Augen zu sehen und zu erfahren – auch wenn man sie schon zu kennen glaubt. So üben wir Ferienmenschen uns wieder in einer aussterbenden Kunst: in der des sinnlichen Reisens. Denn wer die Wirklichkeit einer Stadt, eines Landes, einer Region erspüren will, muss mit offenen Sinnen schlendern, meint zum Beispiel der deutsche Schriftsteller Horst Krüger.
Der Reisende muss schauen, hören, tasten, schmecken und riechen. Er muss sich in muffige Treppenhäuser vorwagen, er muss einen Blick auf Hinterhöfe und Gartenhäuser werfen, in verrauchten Kneipen einkehren, beobachten, fragen und zuhören: So also leben die Menschen hier? Ist das wirklich ihr Alltag?
Wer die Wirklichkeit einer Stadt erleben und spüren will, sollte schließlich auf Märkte gehen. Denn Märkte haben ihren eigenen Blues, sie erzählen wahre Geschichten, von traurigen Schicksalen und Außenseitern der Gesellschaft, von Armut und Reichtum, Stolz und Leidenschaft, von Arroganz und Vorurteilen.
Vom Glück des Reisen. Aufzubrechen, wohin einer will, dorthin zu gelangen, wo noch keiner war, von Dingen berichten, die so noch nie erzählt wurden: das sind die wohl stärksten Triebkräfte des Reisens, schreibt Ulf Diederichs in „Vom Glück des Reisens“.
Und er fragt: „Was ist Reiseglück? Ist es das, was einem auf Reisen manchmal jäh überfällt, sich aber nur schlecht in Worten ausdrücken lässt? Ist es das Glück eines, der von der Reise kommt und etwas zu erzählen hat, woher all das, was er erlebt hat – auch die größte Gefahr, die ärgste Strapaze –, dem eigenen Erfahrungs- und Erzählschatz zugute kommt? Ist es das Glück dessen, der erfrischt und auch irgendwie verändert zurückkehrt? Ist es das Glück dessen, der an aufregenden Abenteuern teilnimmt, ohne auf die Annehmlichkeit eines Sessels oder eines kühlen Drinks verzichten zu müssen?“
Magie des Ankommens. Tauchen wir also ein, in die vielfältige Kunst des Reisens, lernen wir wieder das Gras wachsen hören, überschreiten wir das Gewohnte und Alltägliche, betreten wir neugierig neues Terrain jenseits der selbst gesteckten inneren und äußeren Grenzen. Denn „Menschen, die das Gras wachsen hören, sind offen, neugierig und wissensdurstig“, ist die Schriftstellerin Luisa Francia überzeugt.
Denn nur wer seinen Körper und die Welt, die ihn umgibt, mit allen Sinnen wahrnimmt, spürt das Verwobensein alles Lebendigen. Und er wird dabei das lang gesuchte Glück des Reisens entdecken und neu erfahren, seine Kraftorte – hier und anderswo – erleben und seine ureigenen Kultplätze entdecken. Reisen wir wohl, um die Magie des Ankommens auf uns einwirken zu lassen.
Georg Karp