Sie drängeln, machen sich breit, schnarchen und stinken: Wer mit dem Flugzeug auf Geschäftsreisen geht, muss gute Nerven haben. Denn immer wieder findet an Bord der Kampf ums Gepäckfach statt, gibt’s müffelnde Mitreisende, dauerquatschende Sitznachbarn und Rüpel, die sich rücksichtslos auf ihrem Sitz in die Liegeposition schieben. Was tun, wenn der Sitznachbar zum Beispiel die Armlehnen in Beschlag nimmt oder es im Flieger stinkt? Was empfiehlt der deutsche Benimm-Papst Moritz Freiherr Knigge, um über den Wolken in jeder Situation stets höflich zu bleiben?
Drängeln, stoßen und sich breitmachen.
Alles für den Strandurlaub oder für den Städtetrip ist eingepackt, also rein ins Flugzeug. Doch das wird für viele andere Passagier zu einem Drahtseilakt für die Nerven. Viele Menschen, lange Reisezeit, wenig Raum: Bei den engen Platzverhältnissen an Bord wirft man leider auch manchmal die Hygiene-Etikette über Bord und vergisst die guten Manieren. Das fängt meistens schon beim Einnehmen des Sitzplatzes an.
Während die andere Fluggäste noch in der Schlange stehen, um zu ihrem Platz zu gelangen, verstauen andere schon eifrig das überdimensionierte Handgepäck im Gepäckfach und halten den Verkehr auf.
„Gerade wenn viele Menschen auf engem Raum zusammen sind, ziehen einige einfach ihr Ding durch. Egal ob im Flugzeug oder im Restaurant: Man sollte immer darüber nachdenken, wie man seinen Mitmenschen möglichst wenig zur Last fällt“, sagt Moritz Freiherr Knigge, Deutschlands Experte für Umgangsformen.
Um die Anspannung der Mitreisenden schon vorm Flug möglichst gering zu halten, gibt’s nur eins: Einfach in die Sitzreihe hineingehen, damit andere Fluggäste ebenfalls ihren Sitz einnehmen können. Und das Gepäck so verstauen, dass andere auch noch Platz haben, ihre Dinge unterzubringen. Mit der Einnahme des Sitzplatzes sollte die Anstands-Etikette nicht über Bord geworfen werden.
Husten, niesen und Nase schnäuzen.
Mit einer verschnupften Nase zu fliegen, das kann unangenehm werden – vor allem für die Mitreisenden. Denn der Druckausgleich verursacht bei einer Erkältung oft opf- und Ohrenschmerzen verursachen. Daher nicht die Nase hochziehen, denn das gilt nur in Asien als höfliche Gepflogenheit.
Daher genügend Papiertaschentücher im Handgepäck bereithalten, zurückhaltend die Nase putzen und nicht wie ein Elefant tröten. Gebrauchte Taschentücher nicht herumliegen lassen, sondern im Handgepäck oder in der Spucktüte im Vordersitz verstauen, damit sich Sitznachbarn nicht gestört fühlen oder anstecken.
Nervensägen, Quasseltanten und Plaudertaschen.
Der eine vertieft sich lieber in eine Zeitschrift oder macht ein Nickerchen, der andere ist zum Gespräch aufgelegt – die Plauderbereitschaft ist bei Geschäftsreisenden und anderen Passagieren unterschiedlich ausgeprägt. Will man lieber seine Ruhe haben, ist jedoch dem Redeschwall des Sitznachbarn ausgesetzt, gilt es, ihn freundlich und bestimmt in die Schranken zu weisen.
„Zwanghaftes Ignorieren und Wegschauen, wenn der Sitznachbar Kontakt aufnehmen will, das wird schnell als unhöflich wahrgenommen“, sagt der Benimm-Papst reiherr Knigge. Doch auch mit Zufallsbekanntschaften können sich oft interessante Gespräche ergeben, weshalb man durchaus mal über seinen Schatten springen und auf ein Gespräch eingehen sollte.
Für Plaudertaschen gilt: An die Regeln des Small Talks halten. Polarisierende Themen wie Politik oder Religion sind tabu.
Wer stinkt denn da?
Flüge können lange dauern und deshalb verwechselt so mancher Passagier den Flugzeugsitz mit dem heimischen Sofa. Die Schuhe beim Flug auszuziehen, dagegen spricht prinzipiell nichts. Hat das jedoch eine Geruchsbelästigung zur Folge, dann schon. Nicht alle liebe den Käsegeruch.
Daher bei Schweißfuß und Müffelgefahr lieber die Schuhe anlassen. Fühlt man sich selbst dadurch gestört, dass der Sitznachbar seinen Füßen zu viel Freiheit gönnt, einfach kurz und freundlich darum bitten, dass er seine Schuhe wieder anzieht.
„Ein freundlicher Hinweis ist absolut legitim“, sagt Moritz Freiherr Knigge. Bei unangenehmem Körpergeruch muss die Nase die Belästigung allerdings ertragen. Denn: „Manche Menschen können aufgrund von Krankheiten nichts für den Körpergeruch, deshalb sollte man hier zurückhaltend sein. Wenn es ganz unerträglich wird, fragen Sie das Bordpersonal, ob es vielleicht noch einen freien Platz gibt“, empfiehlt der Experte.
Was unangenehmen Duft angeht, sollte man sich auch stets an der eigenen Nase packen. Gerade bei Langstreckenflügen hilft es, im Handgepäck ein kleines Survival-Kit mit Zahnbürste und Deo bereitzuhalten, um sich kurz auf der Flugzeugtoilette frischzumachen. Besonders praktisch: Feuchte Toilettentücher im Travelpack.
Lieber Selters statt Sekt, lieber Cola statt Wodka.
Einen Tomatensaft, bitte! Ist man eingepfercht wie eine Sardine in der Dose, lässt ein unvorsichtiges Missgeschick meist nicht lange auf sich warten – und so kann das Getränk auch unfreiwillig auf der Kleidung des Sitznachbarn landen.
„Hat man etwas verursacht, was den Sitznachbarn in Mitleidenschaft zieht, bietet man selbstverständlich an, die Reinigungskosten zu übernehmen“, sagt Moritz Freiherr Knigge.
Ebenso gilt Vorsicht bei alkoholischen Getränken. Auch wenn manch einer seine Flugangst durch Wodka oder Whiskey betäubt, die Wirkung von Alkohol kann sich im Flugzeug noch verstärken. Also: Besser Selters statt Sekt trinken, damit die Flugreise nicht auf der Flugzeugtoilette endet.
Zuvorkommend und tolerant
Ob verschütteter Saft, Schnupfnase oder Gerangel ums Gepäckfach, für Moritz Freiherr Knigge gilt in jeder Situation: An sich selbst höchste Ansprüche richten, aber auch tolerant gegenüber anderen sein.
Freiherr Knigge ist der Meinung, dass man unhöfliche Situationen vermeiden kann: „Menschen werden an ihren Handlungen bewertet. Nimmt man Rücksicht beim Gepäck verstauen, grüßt seinen Sitznachbarn freundlich und entschuldigt sich, wenn man an ihm vorbei auf die Toilette möchte, dann nimmt er es einem wahrscheinlich nicht allzu übel, wenn man aus Versehen das Getränk verschüttet und sich dafür entschuldigt. Hat der andere das Gefühl, dass man ein netter, zuvorkommender Mensch ist, keift man sich erst gar nicht unhöflich an. Menschen reagieren auf wertschätzende Gesten.“
Ob in fernen Kontinenten oder vor der eigenen Haustür – überall gibt es bestimmte Verhaltensweisen, die als höflich oder unhöflich gelten, gerade in Sachen Hygiene. Das Benimmbuch „Die Kunst des höflichen Reisens“ ist das erste Werk, das das Unterwegssein mit Blick auf Höflichkeit, Respekt und Hygiene im Sinne eines gepflegten Umgangs thematisiert (siehe TRAVELbusiness-Buchtipps). Manchmal anekdotisch, manchmal historisch, manchmal poetisch – am Ende aber immer ganz konkret.
Wer und was an Bord nervt
Über 70 Prozent der Fluggäste sehen sich durch Tritte in die Rückenlehne in ihrer Ruhe gestört, weitere 63 Prozent erleben raumgreifende Sitznachbarn als Einschränkung und fast ebenso viele (61 Prozent) betrachten die Geruchsbelästigung durch Mitreisende als den größten Störfaktor auf ihrem Flug in die Ferien. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Umfrage der Reisesuchmaschine checkfelix unter rund 700 Fluggästen.
Auch lebhafte und lärmende Kinder betrachtet mehr als die Hälfte der Passagiere (54 Prozent) als Beeinträchtigung während der Flugreise. Der elektronische Check-in hingegen, den Fluggäste an den Automatenterminals selbst vornehmen müssen, scheint mittlerweile fast selbstverständlich zu sein: Nur sechs Prozent der Befragten stoßen sich daran.
Wenn auch die meisten Störfaktoren nicht im Einflussbereich der Airlines liegen, haben sie es teilweise in der Hand, zu mehr Komfort und Entspannung ihrer Passagiere beizutragen. Ganz oben in der Liste der meist gefragten Annehmlichkeiten während des Flugs rangiert Gratis-WLAN (70 Prozent).
Ebenfalls hoch im Kurs steht der Wunsch nach besserem Raumklima in der Kabine (43 Prozent). Phonetisch verständlichere Durchsagen wären für rund 30 Prozent ein Beitrag zu mehr Bequemlichkeit, 26 Prozent der Passagiere würden sich hingegen über bessere und schnellere Verköstigung an Bord freuen. (Redaktion, GK)
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