Er wurde von seinen Anhängern gerühmt und von seinen Gegnern kritisiert: Johann Anton Bruckner gehörte zu den wichtigsten und innovativsten Tonschöpfern seiner Zeit und hat durch seine Werke bis weit ins 20. Jahrhundert hinein großen Einfluss auf die Musikgeschichte ausgeübt. Am 4. September feiert die Musikwelt seinen 200. Geburtstag.
Aus diesem Anlass widmet die Österreichische Nationalbibliothek dem bedeutenden Komponisten noch bis 26. Jänner 2025 eine eigene Ausstellung im Prunksaal. Möglich ist dies durch ihre weltweit einzigartige Bruckner-Sammlung, die 2014 in das Nationale Memory of the World Register der UNESCO aufgenommen wurde und in deren Bestand sich etwa die Originalhandschriften der Hauptwerke Bruckners befinden – so können erstmals alle neun Symphonien im Original gezeigt werden.
Die Sonderausstellung bietet einen faszinierenden Einblick in Bruckners kreative Welt und lädt Besucher dazu ein, die kulturelle Tiefe seiner Musik zu erkunden. Musikliebhaber und Besucher begegnen dem musikalischen Erbe des Tonkünstlers und können dabei seine einzigartigen Werke, seine persönlichen Schriften und seine inspirierende Lebensgeschichte entdecken.
In seinem Testament verfügte Anton Bruckner, dass die handschriftlichen Partituren seiner Hauptwerke in die damalige k.k. Hofbibliothek gelangen sollten, was nach seinem Tod 1896 auch geschah. Dieses Bruckner-Erbe wurde von der Österreichischen Nationalbibliothek seither als Verpflichtung angesehen, den Bestand systematisch durch Erwerbung – sowohl Schenkungen als auch Ankäufe – zu erweitern.
So gelangten im Laufe des 20. und 21. Jahrhunderts wichtige Objekte, darunter alternative Fassungen der Symphonien, Abschriften, Druck, Briefe, persönliche Dokumente und Nachlässe aus dem Umkreis Bruckners in den Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek.
Alle Objekte mit direktem Bezug zu Bruckner wurden zudem gescannt und sind ergänzend zur neuen Schau im Rahmen des Web-Portals „Bruckner Digital“ weltweit abrufbar.
Anton Bruckner und sein Weg nach Wien
Die Persönlichkeit von Anton Bruckner war von einer Polarität gekennzeichnet, die zum Verständnis seiner Individualität sehr wichtig ist und deshalb zum leitenden Motiv der Ausstellung wurde: die Spannung zwischen dem kirchlich-hierarchisch geprägten Umfeld seiner oberösterreichischen Heimat und der liberal-weltstädtischen Atmosphäre Wiens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Sein Entschluss, 1868 nach Wien zu übersiedeln, um dort eine Professur am Konservatorium der Musikfreunde anzunehmen, kann als wesentlicher Angelpunkt seines Lebens angesehen werden, der mit seiner Neuorientierung als Komponist zusammenfiel.
Nach dem Schwerpunkt auf Chor und Sakralmusik wurde Bruckner zum Symphonie-Komponisten: Er schlug in seiner musikalischen Sprache als Symphoniker einen neuen Ton an, der von seinen Anhängern gerühmt und von seinen Gegnern stark kritisiert wurde.
Seine Symphoniesätze erreichen eine Ausdehnung, die man davor nicht kannte – sie werden als harmonisch avanciert empfunden und erfordern eine Art des Hörens, die auch das „Nachklingen“ in den aktiven Hörvorgang einbezieht.
Zeitlebens war Anton Bruckner strenggläubiger Katholik und begegnete sowohl kirchlichen als auch weltlichen Autoritäten mit einer Ergebenheit, die ihm von der Kritik als Unterwürfigkeit und gelegentlich auch als Berechnung ausgelegt wurde.
Diesen Kontrast bildet die Schau im Prunksaal ab, in dem sie Bruckner als „frommen Revolutionär“ präsentiert und so den Menschen, der von den Spannungen der unterschiedlichen sozialen Lebensfelder und Musiksphären geprägt wurde, porträtiert.
Insgesamt gliedert sich die Ausstellung in thematisch konzentrierte Kapitel, die dem Pfad von Bruckners Biografie folgen.
Ein Akzent wird auch auf die Wirkung des Tondichters gelegt: die Ausbreitung seines Ruhms in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, verbunden mit seiner Verkitschung als „Musikant Gottes“, auf seine Vereinnahmung als spezifisch „deutscher“ Komponist während des Nationalsozialismus und auf sein Image nach 1945, das zunächst vorwiegend von katholisch-konservativen Elementen geprägt war und erst nach 1970 durch Einbeziehung sozialkritischer und psychologischer Zugänge einen gravierenden Wandel erlebte.
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