
Die EU muss den Luftverkehr jetzt rasch und zielgerichtet unterstützen. „Europa braucht in der dramatischen Wirtschaftsrezession, die der COVID-19 Krise unmittelbar folgen wird, eine leistungsfähige Luftverkehrswirtschaft, um nicht gegenüber anderen Weltregionen deutlich und womöglich dauerhaft ins wirtschaftliche Hintertreffen zu geraten!“ Das fordert Peter Malanik, Präsident des Österreichischen Luftfahrtverbandes (ÖLFV).
Die COVID-19 Krise hat die wichtige Rolle des Luftverkehrs und der Verfügbarkeit des heimischen Luftverkehrs in dieser kritischen Situation besonders deutlich gemacht:
Auch wenn derzeit fast alle Flugzeuge stillstehen, ist der Wert eines leistungsfähigen österreichischen Luftverkehr-Systems, das auch in der Krise zuverlässig einsatzbereit bleibt, plötzlich für jeden greifbar. „Damit der Luftverkehr seine essentielle Rolle beim Wiederaufbau der Wirtschaft nach COVID-19 leisten kann, muss Europa den Luftverkehr jetzt rasch und zielgerichtet unterstützen“, sagt ÖLFV-Präsident Peter Malanik.
Erstens müssen umgehend politische Belastungen des Luftverkehrs (Luftverkehrsabgaben etc.) temporär ausgesetzt oder angepasst und danach grundsätzlich überdacht werden.
Zweitens müssen unzeitgemäße regulatorischen Kosten des Luftverkehrs, jetzt schnell abgebaut werden und
Drittens werden Fluggesellschaften und Flughäfen auch direkte, zielgerichtete und nicht diskriminierende finanzielle Unterstützung benötigen, wofür die EU-Regeln für Staatsbeihilfe angepasst werden müssen.
Viertens wird der Luftverkehr eine temporäre Ausnahme vom Kartellverbot benötigen um das europäische Luftverkehrsnetz rasch und koordiniert wieder aufzubauen.
Resilienz der Vergangenheit wird nicht reichen
Der Luftfahrt-Sektor hat in den vergangenen Jahren bemerkenswert viele Krisen und Rückschläge verkraftet: Die Anschläge des 11. September 2001, SARS, die Vogelgrippe, den Vulkanausbruch in Island, der die europäische Luftfahrt 3 Tage völlig lahm legte, Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Aber COVID-19 hat eine bisher völlig unbekannte Dimension, wie die beunruhigenden Zahlen zeigen.
Der europäische Passagierflugverkehr steht fast völlig still. Am 24. März sind die Flüge in Europa laut Eurocontrol verglichen mit dem Vorjahr um 76 Prozent zurückgegangen. Weil viele der noch durchgeführten Flüge essentielle und oft lebensrettende Frachtflüge sind, ist der Rückgang der Passagierflüge noch drastischer.
Der Einnahmen-Ausfall der Fluggesellschaften und Flughäfen ist dramatisch. Laut IATA werden alleine die Fluggesellschaften weltweit Ausfälle von rund 250 Milliarden USD haben.
Selbst rigoroseste Kostenreduktionen und maximale Kurzarbeit können nur Teile davon wettmachen, weil auch ohne Flugbetrieb sowohl für Fluggesellschaften als auch für Flughäfen erhebliche Fixkosten weiterlaufen: Leasing- und Kapitalkosten für Flugzeug, Finanzierungskosten für Infrastruktur-Investitionen, Kosten um Flugzeuge flugtauglich zu halten und Crews zu schulen und einsatzbereit zu halten.
Dramatische Folgen für den globalen Luftverkehr
Von regulatorischen Kosten wie Entschädigung- und Versorgungskosten für Passagiere, die von Flugstreichungen wegen COVID-19 betroffen sind gar nicht erst zu reden. Denn die europäischen Behörden reagieren zwar rasch bei der Einschränkung von Flügen, aber langsam bei der Anpassung der kostenintensiven europäischen Vorschriften. Damit sind alleine in Österreich rund 90.000 Personen und deren Familien betroffen, deren Jobs direkt oder indirekt mit dem Luftverkehr zusammenhängen.
Die Auswirkungen auf den Luftverkehr werden länger andauern als in anderen Branchen. Es wird keine rasche Nachfrageerholung geben, wie das bei früheren Krisen der Fall war. Praktisch alle Weltregionen sind gleichermaßen, aber nacheinander betroffen – wenn COVID-19 in einer Region ausgestanden ist, beginnt die Krise in anderen Regionen erst.
Den Maßnahmen der Regierungen zur Eindämmung der COVID-19 Krise wird eine massive globale Wirtschaftsrezession folgen, die viele Unternehmenspleiten zur Folge haben wird. Damit wird die Geschäftsreisen-Nachfrage länger niedrig bleiben.
Die Nachfrage nach Urlaubsreisen wird noch länger gedämpft bleiben als die nach Geschäftsreisen. Erstens weil die derzeitigen Maßnahmen irrationale Ängste vor dem Reisen an sich erzeugen. Zweitens weil die wirtschaftlichen Sorgen, die wegen der Wirtschaftskrise und der hohen Arbeitslosigkeit auf viele Menschen zukommen, viele zwingen werden auf Urlaube zu verzichten.
Europas Luftverkehr wird am stärkste betroffen sein
Die IATA rechnet für Europa mit Kapazitätsrückgängen von 90 Prozent im zweiten Quartal, 45 Prozent im dritten Quartal und immer noch 10 Prozent im vierten Quartal. In Asien und Nordamerika werden die Kapazitätsrückgänge mit 50 Prozent im zweiten, 25 Prozent im dritten und 10 Prozent im vierten Quartal auch drastisch, aber weniger gewaltig wie in Europa ausfallen.
Weltweit wird es im zweiten Quartal 65 Prozent weniger Kapazität geben und im dritten Quartal 33 Prozent weniger. Nur in Europa werden Fluggesellschaften voraussichtlich gut die Hälfte ihrer Einnahmen für das ganze Jahr 2020 verlieren. In anderen Weltregionen werden die Einnahmen-Ausfälle zwar hoch, aber nicht so hoch wie in Europa sein.
Und weiter: „Das werden aber nicht unbedingt die schwächsten Marktteilnehmer sein. Sondern diejenigen, die von ihren Staaten am wenigsten unterstützt werden. So würden die europäischen Fluggesellschaften rasch weiter an Marktanteilen im internationalen Luftverkehr verlieren, ein Trend der sich ohnehin seit Jahren manifestiert, würde deutlich verstärkt. Das ist deswegen problematisch weil sich Europa damit noch mehr von der Fluganbindung durch Fluggesellschaften abhängig machen würde, die eben im Krisenfall nicht für Heimholungen und Versorgungsflüge zur Verfügung stehen.“
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