Steckt hinter Wet-Leasing ein verdecktes Lohndumping der Fluggesellschaften? Eine von der European Cockpit Association (ECA) durchgeführte Untersuchung von Wet-Lease-Flugzeugen hat Hinweise auf mögliche Verstöße gegen das Arbeitsrecht ergeben.
Seit Sommerbeginn hat die ECA die Aktivitäten von mehr als 100 Wet-Lease-Flugzeugen in Europa gründlich untersucht und dabei Zeugenaussagen, Verträge und Daten von Piloten und Pilotenverbänden gesammelt.
Die Ergebnisse sind alarmierend und werden den nationalen Arbeits- und Luftfahrtbehörden sowie der Europäischen Arbeitsbehörde in Bratislava für eine umfassende Untersuchung vorgelegt.
Wet-Leasing, auch bekannt als ACMI-Leasing (Aircraft, Crew, Maintenance and Insurance), ist eine gängige Praxis in der Branche, bei der Fluggesellschaften Flugzeuge und die dazugehörigen Besatzungen von anderen Unternehmen leasen.
Allerdings hat es ein Ausmaß angenommen, dass von der ursprünglichen Idee, kurzfristig Ersatz bereit zu stellen, keine Rede mehr sein kann.
Was wirklich hinter Wet-Leasing steckt
Besatzungen werden dabei oft befristet oder als Selbständige angestellt, um flexibel zu bleiben, Arbeitskosten zu senken und die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vermeiden. Zudem tragen die Besatzungen damit einen Großteil des wirtschaftlichen Risikos.
„Wet-Leasing ist zwar prinzipiell legal und in Ordnung. Unter dem Deckmantel dieser Legalität verbergen sich jedoch vermehrt undurchsichtige und zweifelhafte Vereinbarungen mit Arbeitnehmern. De facto haben wir mit Wet-Leasing nichts anderes als die nächste Form des Sozialdumpings, mit dem sich Unternehmen – zum Teil auch etablierte Unternehmen – ihrer sozialen Verantwortung für die Beschäftigten zu entziehen versuchen,“ so Stefan Herth, Präsident der Vereinigung Cockpit.
Herth: „Die von der ECA erhobenen Daten sind besorgniserregend. Wir fordern die zuständigen Behörden auf, diese Praxis gründlich zu untersuchen und zu helfen, die Arbeitsplätze in den betroffenen Unternehmen abzusichern.“
Die Datensammlung der ECA zeigt nun, dass auch bei den aktuellen Wet-Lease-Modellen die Beschäftigung von selbstständigen Besatzungsmitgliedern nicht mit dem Arbeitsrecht vereinbar ist. In der Vergangenheit wurden ähnliche Praktiken bereits von den zuständigen Behörden als Scheinselbständigkeit eingestuft.
„Die Arbeitnehmerüberlassung bei Wet-Leasing-Anbietern muss stärker kontrolliert werden, um diesen fragwürdigen Machenschaften eine Ende zu setzen. Wir schließen uns der Forderung der ECA an, dass die nationalen Arbeitsbehörden die Einhaltung des Sozial- und Arbeitsrechts überprüfen müssen. Darüber hinaus ermutigen wir die Europäische Arbeitsbehörde, solche Inspektionen zwischen den Mitgliedstaaten zu koordinieren,“ so Herth.
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