Ein Wochenendflug irgendwohin löst bei so manchen Reisenden Flugscham aus, doch darauf verzichten möchten die wenigsten. Der Wunsch, die Welt zu sehen und sich eine kleine Auszeit vom Alltag zu gönnen und der Versuch, umweltfreundlich zu handeln, kollidieren, wobei letztendlich der Reisewunsch überwiegt. Das nennt man „Attitude Behaviour Gap“. Zahlreiche Studien belegen, dass es Menschen generell nicht so leichtfällt, ihre guten Vorsätze in die Tat umzusetzen. Beim Thema nachhaltig reisen ist es nicht anders.
Inzwischen ist vielen klar, dass es eine gute Idee ist, die eigenen Gewohnheiten zu hinterfragen und zu verändern. Aber kommt es in der Praxis darauf an, bleibt es oft beim Wunschdenken. Ein bisschen wie herausfordernde Urlaubslektüre, die man auch meistens ungelesen wieder mit nach Hause nimmt.
Abschauen können sich viele etwas von der jungen Generation. Laut der aktuellen Sinus-Jugendstudie schaffen es die 14- bis 17-Jährigen tatsächlich schon in vielen Bereichen, ihr Verhalten anzupassen, um ihren Alltag nachhaltiger zu gestalten.
Beispielsweise vermeiden 86% der Befragten Verpackungen, 73% kaufen sich seltener ein neues Smartphone und mehr als die Hälfte (59%) verzichtet auf Flugreisen. Jugendlichen scheint es leichter zu fallen, sich bewusst einzuschränken.
Nachhaltig reisen gilt auch in der Luftfahrt
Warum aber fällt es den meisten Erwachsenen so schwer, sich bei der Buchung einer Flugreise tatsächlich so zu verhalten, wie sie es sich vornehmen?
Die Hürde, nachhaltig zu reisen, muss noch weiter gesenkt werden. Das beginnt schon beim Buchungsprozess. Fast jedem, der in den Urlaub fliegt, ist inzwischen klar, dass diese Reise emissionsintensiv ist. Deshalb ist es wichtig, Angebote zur Kompensation so attraktiv wie möglich zu machen, und zwar mit einem Klick.
Bereits über 40 Fluggesellschaften bieten diese Möglichkeit an, aber nicht alle machen das gleich gut. Verbrauchende kritisieren oft, dass sie nicht verstehen, wie genau der Emissionsausgleich funktioniert und schrecken davor zurück, zusätzliches Geld zu investieren.
Deshalb ist es wichtig, einfach und transparent zu erklären, welche Projekte mit den von den Passagieren gezahlten zusätzlichen Gebühren konkret finanziert werden und weshalb diese wirksam sind.
Davon profitieren auch die Unternehmen selbst. Denn die Politik verschärft konsequent den Druck und fasst die regulatorischen Vorgaben im Bereich Nachhaltigkeit strenger.
Durch die Anpassung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) müssen Unternehmen künftig ihre Klimabilanz offenlegen. Schlechte Zahlen können zu einem Imageschaden führen und sich geschäftsschädigend auswirken.
Was also könnten Unternehmen, insbesondere in der Luftfahrt, noch tun, um nachhaltiger zu werden? Eine große Hoffnung liegt auf den SAFs (Sustainable Aviation Fuels). Das bestätigt auch die IATA (International Air Transport Association).
Laut dem internationalen Zusammenschluss vieler Fluggesellschaften könnten bis zu 65 Prozent der Emissionen durch SAF eingespart werden. Aber denkbar sind auch ganz neue Ansätze, die klimaschonendes Reisen zu einem Erlebnis machen.
Neue “Eco(logy) Class” für klimabewusste Reisende
Wer sich ein First Class oder Business Class Ticket kauft, kann mit vielen Vorteilen rechnen: Exklusiver Schalter für die Gepäckaufgabe, schneller durch die Sicherheitskontrolle und bevorzugtes Boarding. Warum sollte es nicht ähnliche Benefits für Passagiere geben, die nachhaltig reisen und ihre Emissionen ausgeglichen haben? Viel attraktiver als ein gutes Gewissen, ist ein gutes Gewissen, das die Reise in den Urlaub noch angenehmer macht.
In den kommenden Jahren werden mehr Kunden bereit sein, für Nachhaltigkeit zu zahlen, das sollten Airports und Fluggesellschaften incentivieren, beispielsweise durch die Einführung einer neuen “Eco(logy) Class”.
Dazu könnten Bonuspunkte im Vielfliegerprogramm sowie „grüne Schnellspuren“ für Check-ins und Sicherheitskontrollen gehören. Auf diese Weise wird das Engagement für mehr Klimabewusstsein direkt erlebbar und zwar positiv. Bisher erleben Reisende vor allem eins: Der Ticketpreis erhöht sich und die Vorteile bleiben abstrakt.
Mehr Reisende wollen mehr Resonanz-Tourismus
Wie man klimabewusstes Reisen positiv auflädt, zeigt auch der Trend „Resonanz-Tourismus”. Damit ist gemeint, dass eine zunehmende Gruppe von Reisenden während ihres Urlaubs nach persönlichem Wachstum sucht.
An ihrer Destination angekommen, legen sie Wert darauf, sich authentisch auf ihre Umgebung einzulassen und sich mit den “locals” zu verbinden. In den Hintergrund treten stattdessen die Anzahl der Sonnenstunden, Sehenswürdigkeiten oder ein Rundum-Sorglos-Service im Hotel. Sprich, es zeichnet sich hier die Abkehr vom Massentourismus ab, der nicht fragt, welche Auswirkungen die Wanderlust hat.
Anbieter, die Reisen im Stil des Resonanz-Tourismus anbieten, haben verstanden, dass es aber nichts nützt, die moralische Keule zu schwingen. Sie machen lieber ein attraktives Angebot für eine unvergessliche Reise.
Autor: Dan Kreibich
Qualitätstourismus und warum er wichtig ist
Digitale Mobilitätsangebote im Tourismus
Generation Z revolutioniert den Reisemarkt
Gen Z reist völlig anders als Baby Boomer
Interessiert an weiteren Tourismusthemen? Bleiben Sie informiert und hier klicken!