Venedig sinkt und sinkt und versinkt noch immer nicht. Seit Jahrzehnten schlagen Unesco, Wissenschaftler, Umweltschützer und Experten Alarm. In der Lagunenstadt Venedig steigt seit über hundert Jahren der Meeresspiegel jährlich um durchschnittlich 2,7 Millimeter.
Ein Forscherteam der Colgate-Universität in Hamilton, Bundesstaat New York, berichtet sogar, dass die „Perle der Adria“ doppelt so schnell versinke als bisher angenommen. Um ganze 30 Zentimeter hat sich der Grund unter den Palästen und Denkmälern allein im 20. Jahrhundert abgesenkt.
Nicht einmal ausgeklügelte Pläne wie das Großprojekt zum Bau von 79 Stauwerken können den Untergang dieser einmaligen Stadt auf tausenden Pfählen stoppen. Schuld sei unter anderem der Treibhauseffekt und die Invasion von Mega-Kreuzfahrtschiffen, die auf Sightseeingtour durch die Lagune kreuzen.
Die Italiener resignieren, zu spät zur Rettung der Lagune. Die Venezianer verlassen fluchtartig die sinkende Stadt, ziehen aufs Festland und Venedig vereinsamt: Nur mehr 70.000 Einwohner zählt diese morbide Lagunenstadt, die jeden, der sie auch nur einmal besucht, nicht mehr los lässt.
Und alle Jahre wieder, wenn die Sirenen aufheulen und das Acqua alta Venedig bis zum Hals steht, ziehen Einheimische und Touristen die Gummistiefel an und stolpern über schmale Stege zu den Schauplätzen der Geschichte.
Besonders im Winter, wenn von oben der Nebel die Stadt zudeckt und von unten das Wasser die Paläste unterspült, macht sich rund um den Canal Grande Melancholie breit.
Erst wenn die bunten, schrillen Masken und Figuren lärmend, tanzend und geschäftig durch das nasskalte Venedig eilen, dann wacht die Lagune für einige Tage auf, wischt die Depression beiseite und feiert wie besessen Karneval.
Es ist ein Totentanz, ein Fest der verzweifelten Metamorphose, des Verkleidens und Versteckens hinter schrillen Masken und farbenprächtigen Fantasiekostümen, die ans historische Venedig des Schürzenjägers Giacomo Casanova erinnern sollen.
Wenn in den nächsten Jahrzehnten der Treibhauseffekt weiterhin so zunimmt und das Meer um 30 Zentimeter steigt, drohen auch die Traumstrände in Rimini, Brindisi und Olbia auf Sardinien zu versinken.
Rund 4.500 Quadratkilometer, größer als Burgenland, sind nach Berichten des italienischen Umweltministeriums bedroht. Am stärksten sind die Küsten im Süden betroffen. Aber diese sind weit weg von Venedig, und das ist auch den Venezianern völlig egal.
Georg Karp
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